Das Jahr 2010 ist Comicgeschichte: Ein Jahr, in dem die Graphic Novel in den Feuilletons und Leitmedien endgültig den Durchbruch schaffte. Das ist das Verdienst einiger Autoren und Zeichner, die erneut die Grenzen des Genre erweitert haben. Hier ist unsere ganz persönliche Liste der Tops 2010.
Gift. Eine Graphic Novel von Peer Meter und Barbara Yelin.
Was die Graphic Novel von Peer Meter und Barbara Yelin so einzigartig macht, ist nur vordergründig der unerhörte Kriminalfall, der Bremen von 1828 bis 1831 erschütterte. Das eigentliche Gift durchzog damals die Straßen der Stadt und ihre opportunistische Bürgerschaft.
Prosopopus. Von Nicolas de Crécy. Eine Graphic Novel.
Schon der Titel dieser Graphic Novel ist rätselhaft. Prosopopus, das klingt prustend, nach dicken Backen und Nilpferden. Wie praktisch, dass dem unkundigen Leser die Begriffsdefinition auf den ersten Seiten des Comics dargeboten wird: Ein Prosopopus ist „eine Figur, durch die der Redner oder Schriftsteller eine abwesende oder tote Person, ein lebloses Ding oder ein Tier sprechen lässt.“
Lasst den Pater sterben
Zurzeit lesen wir viel über Priester und Reformpädagogen, die es mit der Würde des Menschen nicht so genau nehmen, wie es ihre Funktion und Position vermuten lassen könnte. Dass das Thema alles andere als neu ist, bedarf wohl keiner weiteren Debatte. Dass dieses schwierige Thema auch auf gänzlich unorthodoxe Weise verarbeitet werden kann, bewies bereits vor wenigen Jahren eine bemerkenswerte Arbeit aus der Graphic-Novel-Szene: das autobiographische Werk von Olivier Ka.
Fahrenheit 451: Von Ray Bradbury und Tim Hamilton. Graphic Novel.
TV-Programme, die auf die komplette Wohnzimmerwand projiziert werden, Pillen zur Sedierung des Geistes, die aufgeklärte Gesellschaft am Ende. Klingt nach 2010. Ray Bradbury hat seinen Science-Fiction-Klassiker allerdings schon 1953 publiziert und das düstere Szenario einer vollkommen entmündigten Gesellschaft gezeichnet.
Air – G. Willow Wilson/M.K. Perker (Vertigo/DC Comics)
Liest man schnell über Klappentext und Teaser hinweg, erscheint es zunächst wie eine launige, etwas abstruse Idee, die durch einen gehörigen Schuss Fantasie hochgejazzt wurde. Eine – Achtung – Stewardess mit Flugangst gerät in einen Strudel mysteriöser Ereignisse, die irgendwie zwischen 9/11, Liebesgeschichte, weltweiter Verschwörung, globalen Energieproblemen, Esoterik und Völkerkunde changieren. So weit, so seltsam. Eine andere Perspektive erhält das Ganze jedoch dadurch, dass Autorin G. Willow Wilson eine zum Islam konvertierte Amerikanerin und Illustrator M.K.Perker türkischer Herkunft ist.
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