netherworld „over the summit“

netherworld_over_the_summitalessandro tedeschi aka netherworld (und auch labelchef von glacial movements) ist zweifach zuhause: in italien, seiner physischen homebase und irgendwo viel weiter nördlich, vielleicht (geistig) an dem ort, dem er “over the summit” widmet: in hyperborea, einem mystischen nordland. deshalb hat sein label seinen namen, deshalb seine faszination für diese art von ambient, die, reduziert auf wenige klare elemente, mit jedem ton wie allein für sich steht und so gleichzeitig eisige einsamkeit und rufende verlockung hervorrufen kann.


„over the summit“ benutzt klänge, indiziert durch nordlicht (wo immer diese auch entstehen und wie auch immer diese auch aufzunehmen sind), sonstige fieldrecordings und nicht weiter spezifizierte „gefundene klänge“; als einziges traditionelles instrument wird die violine genannt (und diese ist nicht wirklich herauszuhören).
netherworld webt daraus ein rund 58 minütiges werk, das in allen facetten in sich ruht ohne dabei entwicklung und spannungsbogen zu vernachlässigen: von dem ruhigen auftakt des titelstücks mit seinen verwehten, windartigen flächenfragmenten, die bei aller vordergründigen harmonie ihre eingebetteten widerspenstigkeiten nie verhehlen (wollen) über das runde „aurora performs its last show“ mit den botschaften der polarstation und dem schärferen „iceblink“ zu „crystallized words“, umsponnen mit für diese VÖ fast untypischen, tieferen flächen. „thoughts locked in ice“ und „iperborea“ nehmen diese stimmungen auf und besonders letzteres kehrt zurück zu dem sparsamen minimalismus des beginns von „over the summit“, schwingt sich dabei aber, vor dem letzten ausklang, noch ein letztes mal auf.

das betörende an der VÖ ist ihre ruhe und die stringenz der klangauswahl; stimmung und klangcharakteristik bauen aufeinander auf und lassen die sechs stücke wie in einem fluss ineinander greifen, ohne dabei die einzelne geschichte zu verwischen; die konzentration auf ein klangbild windartiger indirektheit mit nur wenigen, sparsam (aber um so treffender) gesetzten bassakzenten lässt eine atmosphäre packender, geisterhafter stimmung entstehen: es scheint keinerlei versteckten bedrohungen zu geben, das licht ist hell, die vor uns liegende landschaft leer und überschaubar, klar und rein.
aber sie käme auch ohne uns aus; und das ist es, was nicht unterschätzt werden darf. und „over the summit“ seine tiefe verleiht.

schöne Grüße

N

www.glacialmovements.com