Das Leben trägt Hawaiihemd

"Ich häng' in der Karibik und der Wecker klingelt nie" ist eine massentaugliche Wunschvorstellung, die mit Sicherheit eine Menge Geld in die Taschen der beiden Hartzer Vollka Putt & Florida Klaus spülen wird. Der Song "Wochenende forever" wird zum Ohrwurm, der dich nicht mehr loslässt, wenn du Montag Morgen um sechs wieder ins Kissen beißt.
Es ist den Leuten bei Audiolith zu verdanken, die beiden Vollzeit-Lebemänner dazu bewegt zu haben, sich Arbeit zu machen und eine komplette EP zu produzieren. "Listen to your hartz" gibt's seit letzter Woche und verbindet deutschen Rap mit Langeweile und Nichtstun.
Es ist absolut nicht zu erwarten, dass sich Vollka und Klaus den Stress machen, in absehbarer Zeit ein Album zu machen, ist doch Klaus noch völlig erschöpft vom Malen des EP-Covers. Falls es doch ein Album geben sollte, erfahrt ihr es von uns, wenn wir nicht gerade Sommer machen.

www.instagram.com/vollka_putt_hamburg
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Soeckers Kopfkarussell ist besser als Kirmes auf'm Dorf

„Klar mögen wir die Strokes, das lässt sich wohl auch schlecht verleugnen“, sagt Bassist Julian. „Aber letztlich sind wir doch sehr viel stärker britisch geprägt, und zwar durch alle Jahrzehnte: Von den Beatles über Oasis bis zu Pete Dohertys Bands – das sind schon unsere Lieblinge.“ Dieses Kosmopolitische traut man vier Jungs aus dem erzkonservativen Münsterland eigentlich gar nicht zu. Aber Soeckers überraschen in vielerlei Hinsicht.
Die Jungs sind beinahe autodidaktisch zur Musik gekommen, haben ihre Skills aber nie an Coverversionen trainiert, sondern von Beginn an eigenen Songs gewerkelt. Das liegt jetzt schon sechs Jahre zurück und nun endlich ist es soweit: Das Debütalbum "Kopfkarussell" findet morgen den Weg in die Weltöffentlichkeit via Chateau Lala. Doch nicht nur, dass dieses sehr renommierte Label die Jungs aus Münster unter ihre Fittiche nahm, auch Wanda-Produzent Paul Gallister unterstützte Soeckers beim Debütalbum. Das ist schon 'ne Menge Hilfe und lässt erwarten, dass der Wind um "Kopfkarussell" nicht nur heiße Luft ist.

www.soeckers.de

Wer belächelt Steiner & Madleina?

Wenn Wut auf gute Rochmusik trifft, kommt dabei fast immer Gutes heraus. Das trifft auch auf die aktuelle Single "Wenn ich ein Junge wäre (Ich will nicht lächeln)" von Steiner & Madleina her. Das Schweizer Frauenduo kommt mit treibendem Schlagzeug und schneidenden Gitarren um die Ecke, die eine fette Basis bilden für die gepferfferten Lyrics des Songs. Die Beiden sind genervt von Männern, die ihnen die Welt erklären wollen und hinterfragen immer noch aktuelle, ewig gestrige Rollenbilder.
"Als Frau werde ich ständig von Männern belächelt, verbessert und weniger ernst genommen. Was soll das?", fragt Nora Steiner trotzig. Und so ist "Wenn ich ein Junge wäre (Ich will nicht lächeln)" ein Song, bei dem mann sich ruhig einmal entsprechende Fragen stellen darf. Aber genauso ist der neue Song bestens geeignet, um dazu gepflegt abzufeiern. Das Stück ist der Auftakt zum zweiten Album von Steiner & Madleina. Das heißt "Wünsch mir Glück" und wird Ende Januar nächsten Jahres bei Glitterhouse Records erscheinen.

www.steiner-madlaina.com

Intelligente Randale und Vandalismus

"Fünf Minuten deutscher Straßenrap zeigen, wie am Arsch die Welt ist", bringt der Rapper Vandalismus den Zustand einer Szene auf den Punkt. Sein neues Album "Gloria & Schwefel" erschien in der letzten Woche bei Audiolith und zeigt, was deutscher Rap jenseits von Machoscheiß, Trapwolken und Autotune zu leisten imstande ist.
Die letzte Vorab-Single "Schrottplatz der Kuscheltiere" dokumentiert das noch einmal exemplarisch. Ein atmosphärisch schweres Ding mit krassen Beats, die in ein sinstres Instrumental eingebettet sind. Vandalismus' Worte sind rau, aber immer ehrlich und nachdenklich. Damit ist das Stück repräsentativ für das Album, das voll ist mit Herz und Verstand, Hooks, Punchlines und Gesang.
"Schrottplatz der Kuscheltiere" macht Lust auf das gesamte Album, das sich auch Mneschen auf den Zettel schreiben sollten, die sonst nichts mit Hip Hop am Hut haben. Das ist "Untergrund für jeden".

www.instagram.com/vandalismus.one

Pulsschlag aus Stahl

lina gwen wayne 2Für den Rezenszenten ist es wirklich erholsam, wenn er sich nicht Schwurbeleien aus den Fingern saugen muss, um einen Sound zu beschreiben. Bei Lina & Gwen braucht's kaum Worte: Das ist Techno! Insofern ist es Programm, dass ihre erste EP "Genug gelabert" heißt.
Das sind eisenharte Beats. Gehämmert, verschweißt und aus einem Guss. So hat sich das vor 50 Jahren unter abstichrotem Abendhimmel im Ruhrgebiet angehört. In Bochum-Stahlhausen.
"Genug gelabert" enthält zwei kompromrisslose Technotracks mit jeweils einem nicht minder knüppelharten Remix. Für diese vier Stücke fühlt sich der Boden wie Himmel an, Liegen wie Fallen und Tanzen hält man für Atmen.
Die EP von Lina & Wendy Wayne ist letzte Woche bei Hold your ground als 12"-Vinyl und digital erschienen. Den Track "Palaber" könnt ihr hier hören. Hammer!

www.instagram.com/lina_gwen_wayne

Foto: Katja Ruge

Danke, meine Damen

Rückblickend muss man sagen, dass es Frauen gab, die es irgendwann völlig richtig machten, dich zu verlassen. Die Erinnerungen, die daran bleiben, sind schön und werden nicht durch jahrelanges Gewurstel verwässert. Um dieses melancholische und so echte Gefühl geht es im neuen Song von Long Tall Jefferson. "Young love" ist der neueste Song des Anfangdreißigers, mit dem er einen ersten Ausblick auf das am 20. November bei Red Brick Chapel erscheinende Album "Cloud Folk" gibt.
Mit diesem Begriff bezeichnet Long Tall Jefferson seinen neuen Sound, der sich abhebt von dem der beiden Vorgängeralben. Das Bisherige weicht für ein Album im Jetzt mit Elementen aus Trap, Cloud Rap, Chillwave. Wehmut bassgepolstert, Sehnsucht poliert und Minnegesang in ein neues Jahrhundert übersetzt.
Dabei hört sich "Young love" zunächst an wie das Werk eines Alleinunterhalters auf Kaffeefahrt bis das synthieflankierte Gitarrenpicking beginnt und sogar Platz ist für einen seichten Reggaebeat. Das ist der richtige Song, um sinnlos in den blauen Himmel zu starren und über vergangenge Lieben zu meditieren.

Neben Sophie Hunger ist Long Tall Jefferson der zweite wichtige Schweizer, der am heutigen Tag neues Material veröffentlicht. Hopp Schwiz!

www.longtalljefferson.com