Nach dem Abschluss des Vertrags mit Wing Records / PolyGram kehrte Pieter Nooten zu XYMOX zurück, auch wenn Manager Raymond Coffer Ronny versuchte davon zu überzeugen, ohne ihn weiter zu machen. [1] (in English)
Mit einem Major-Budget im Rücken nahmen XYMOX das Album "Twist of Shadows" mit dem Produzenten Peter Walsh in entsprechend teuren Studios auf (u.a. Jacob, Ridge Farm Studios). Ivo Watts-Russell von 4AD hatte der Band zu Peter Walsh als Produzenten geraten, der durch Arbeiten mit Simple Minds ("New Gold Dream") oder Gene Love Jezebel auf sich aufmerksam gemacht hatte und nach seiner Meinung gut zum Sound der Holländer passt.
Auf "Twist of Shadows" verzichteten XYMOX nicht auf ihre gewohnten Mollharmonien und die atmosphärische Tiefe, klangen aber durch die Produktion größer und tanzbarer im Sinne von New Order. Moderne Dance- und Popsounds ersetzen die düsteren Ambientstrukturen, die das Vorgängeralbum "Medusa" noch prägten. Einzig die tiefbewegenden Streicherklänge am Ende des Instrumentalstücks "Clementine" erinnern an Songs wie "After The Call". Kein Wunder stammt doch "Clementine" ursprünglich aus den "Sleeps With The Fishes" Sessions von Pieters Solo-Album, fand dort jedoch keine Verwendung und wurde nun auf "Twist of Shadows" veröffentlicht. [2,3] Mit Blick auf den US-Markt wurden auch die dort nur schwer erhältlichen, aber sehr erfolgreichen Songs "Blind Hearts" und "A Million Things" von der letzten 4AD 12" erstmals auf einem Album veröffentlicht.
Das Album wurde XYMOX kommerzieller Durchbruch in den USA. Die auskoppelten Maxis "Obsession", "Imagination" und "Blind Hearts" liefen bei MTV und wurden zu massiven Club-Hits. Vor allem die zweite Single "Imagination" brachte XYMOX große Aufmerksamkeit auch bis in den Mainstream. "Imagination", geschrieben und gesungen von Anke, war ein Popjuwel - fast kommerziell, der aber leuchtend aus dem sonst typischen melancholischem Grau der Band herausstach. Modern, tanzbar, elegant und getragen von Ankes sehnsüchtigem, fragilen Gesang fand der Song seinen Weg bis auf Platz #85 der US Billboard Hot 100. PolyGram mochte den Song sofort und sahen vielleicht schon die Chance, aus XYMOX die neuen Roxette mit Anke als Frontfrau zu machen. [1]
XYMOX - Imagination (Twist of Shadows/Polygram, 1989)
Innerhalb der Band nahmen zu dieser Zeit die Konflikte zu, ging es doch nun nicht mehr nur um Anerkennung und Macht, sondern durch den Erfolg auch um Geld. Frank: "When Xymox signed a deal with Wing in America for the third album ‘Twist of Shadows’, I knew that that was basically my last tour with them. Because very soon after that deal, in my opinion, it was more about money than that it was about music." [4] Eindrücke die auch Bert Barten, der bis zu den Aufnahmen des Albums Mitglied bei XYMOX war, teilt: "As long as I have known the group there was always a lot of tension between the members. Ronny used to do a lot with Anke but also a lot on his own. It was always a big grey area who wrote what and who inspired who. All the members even the manager at that time used to fight a lot about things like this." [5]
Nach der Veröffentlichung des Albums gingen XYMOX 1989 mit der Elektro-Band Moev als Vorgruppe auf eine große US-Tour, die vor ausverkauften Häusern stattfand und zu einem riesen Erfolg wurde. Am Ende der Tour hatten XYMOX über 300.000 Alben verkauft. Die ex-4AD Band war auf dem Weg in eine andere Pop-Liga und sah sich nun dem Druck ausgesetzt diese Entwicklung mit dem folgenden Album zu bestätigen.
Mit "Twist of Shadows" war XYMOX ein großer Erfolg gelungen, doch gab es auch Kritik, dass Album sei trotz der Öffnung hin zum Pop und zu Dance-Elementen noch zu sehr in den 80er stecken geblieben. [6] Nun Anfang 1990 waren die 80er wirklich vorbei, Grunge und Manchester-Rave beherrschten die Clubs und im schnelllebigen London, in dem die Band zu dieser Zeit lebte, war nichts schlimmer, als das Stigma "dated" für seine Musik zu bekommen.
Die Aufnahmen zum kommenden Album "Phoenix" zogen sich über ein halbes Jahr hin, aber die neuen Songs zeigten, dass XYMOX die Pause zwischen "Twist of Shadows" nutzten, um sich neu zu erfinden. Die erste Single "Phoenix Of My Heart" erschien im Frühling 1991 und die britische Musikpresse rieb sich verwundert die Augen, was aus den schüchternen, angsterfüllten Kontinentaleuropäer und ihren Moll-Melodramen geworden ist. "Phoenix of My Heart" war Rave - keine Wave, ein radiotauglicher tanzbarer Popsong, fast fröhlich und mit einer überraschenden Wendung, endet der Song doch mit "Wild Thing" von The Troogs. "That just came out, completely spontaneously, as we were recording it. We all fell about laughing at the time, but I thought, 'Why not?' and so we kept it. It should certainly shatter some preconceptions" (Anke und Ronny im Melody Maker). [7]
Das Album mit dem symbolischen Titel "Phoenix" bestätigte diese musikalische Veränderung. Die oftmals düsteren Klanglandschaften waren ungewohnt lichtdurchflutet, tanzbar und poppig. XYMOX wollten GROSSEN Pop mit GROSSEN Gefühlen machen. Mit Songs wie "Smile like Heaven", "Believe me Sometimes" oder "The Shore Down Under" wurden sie ihrem Anspruch gerecht, bei "At The End Of The Day" endete dies im Kitsch.
Allerdings dokumentierte das Album auch den beginnenden Zerfall von XYMOX: Der Erfolg hatte die Spannung innerhalb der Band, wie beschrieben, noch weiter verstärkt. Hinzu kam, dass die Hass-Liebe zwischen Anke und Ronny ihren Höhepunkt erreichte (die Namensänderung in Anka zu dieser Zeit hing auch damit zusammen). All dies dokumentiert das Album. [1] Hatten sie früher ihre Songs zusammen geschrieben, lieferte jetzt jeder seine eigenen Ideen ab. Während Anka sich als das zweite Gesicht von XYMOX gegen Ronny durchsetzten konnte und diesmal mehr als nur einen Song selber schrieb und sang, hatte es vor allem Pieter mit seinen Songs schwer Berücksichtigung auf dem Album zu finden. Ein weiteres Kapitel in dem nimmermüden Konflikt mit Ronny. "During that period my demos were totally ignored by Ronny. Worst of all, when they were approved, they got completely ruined on the mixing desk. I don't know how and why that happened but I was so shocked and disappointed that I just could not go on like that anymore. The demo versions of "Wonderland", "Dreamhouse" and especially "All Fold Up" were absolutely better then the way they came out. I was disillusioned and felt opposed for the wrong reasons. Ronny wanted absolute power and turned into an all controlling tyrant, making sure his songs came first, even if others were better." [2] Das führte zu der kuriosen Situation, dass einige der besten Songs, die während der Phoenix-Session geschrieben und aufgenommen wurden, gar nicht auf dem Album erschienen, sondern nur auf B-Seiten der Singles: "All Fold Up", "Down to Earth", "Dreamhouse" oder das fantastische "Twisted" mussten seichten Songs wie "At The End Of The Day" oder "Written in the Stars" weichen und trübten so den Gesamteindruck des Albums. Hinzu kam, dass die saubere Produktion von Peter Walsh den Songs zu viele Kanten nahm und das Album zu sehr in Richtung Mainstream drängte. Trotzdem ist "Phoenix" besser als sein Ruf, allein Ankas Interpretation des Patti Smith Klassikers "Dancing Barefoot" oder der Wave-Pop-Song "The Shore Down Under" sind sehr hörenswert.
Pieter zog endgültige die Konsequenzen, zermürbt durch die Konflikte mit Ronny und unzufrieden mit der musikalischen Entwicklung verließ er nach Beendigung des Albums die Band. [2] Auch Frank Weyzig flog aus der Band [8] , so dass Ronny und Anka für die anstehende US-Tour Tom Ashton (Gitarre, ex-The March Violets) und Richard Wells (Keyboards) als Live-Musiker rekrutierten. Neben der optischen Veränderung der Band (Ronny trug weiß, Anka Glitzershirts und Baseball-Caps) spielten sie auch alte Songs in neuem Gewand. Durch das neue Arrangement von "Louise", "Stranger", "Back Door" oder "Michelle", bei dem moderne Dance-und Rave-Elemente eingearbeitet wurden, zeigten die Songs ganz neue Facetten ohne dass die Original-Atmosphäre zerstört wurde. Vor allem die Version von "Michelle" im Stile von Madchester-Rave Bands wie den The Charlatans mit psychedelischer Orgel und Wah-Wah-Gitarren war phantastisch.
XYMOX - Michelle live@Visage, Orlando/USA, 21.07.1991, Phoenix Tour
XYMOX - Back Door live@Montreal/CAN, 23.08.1991, Phoenix Tour
Die Tour in den USA verlief sehr gut, aber Phoenix verkaufte sich trotz Erfolgen in den College-, Alternative- und Mainstream Billboard Charts und loyaler Fans in den USA nicht so gut wie "Twist of Shadows" (ca. 150.000 Alben). Am Ende der US-Tour wurde bekannt, dass PolyGram keinen Manager mehr hatte und alle Bandveröffentlichungen (u.a. die geplante neue Single "Wonderland") sowie Tourunterstützungen auf Eis gelegt seien. [1] Dadurch fiel die Europa-Tour mit dem vom mir sehnsüchtig erwarteten Konzert in der Bochumer Zeche ins Wasser. Als dann später PolyGram ihr Sublabel Wing Records strichen, war dies das Ende der Major-Träume von XYMOX und auch das Ende der Band in ihrer bisherigen Form.
Zwar erschien noch als letzte gemeinsame Arbeit von Anka und Ronny der Song „Yokan“ auf der Compilation "Dance2Noise002", den die beiden für Atsushi Sakurai, dem Sänger der J-Rock-Band Buck Tick, schrieben, aber für Anka gab es keine Zukunft mehr in der Band. Da die Beziehung zwischen ihr und Ronny während der US-Tour immer untragbarer wurde, verließ auch sie 1991 XYMOX. "There was a big argument on the last tour we did between Ronny and me which went way beyond healthy human relations, and I felt I could not cope any longer under those circumstances. Mind you, it took me months to realize that retracting myself from XYMOX would be the sanest thing to do for myself. After all, I had started the band with Ronny about 10 years before and XYMOX was and had become my life". [9]
Damit war die Originalbesetzung von XYMOX endgültig zerfallen und XYMOX war nur noch Ronny Moorings.
part 1: Subsequent Pleasures (1983 - 1985)
part 2: Medusa (1986 - 1987)
part 4: Metamorphosis (1992 - 2001)
part 5: Vaselyn, Hypercycle, Born for Bliss (Post-XYMOX)
References:
[1] Ronny Moorings: The Xymox-Story - in: Gothic II, 2002, ISBN 3896023969
[2] Mic: Pieter Nooten "To be honest I never listened to pop music" - unruhr.de, 2010, retrieved: 27.02.2011
[3] unbekannt: "Shadow Play" - Melody Maker, 05/1989
[4] Phil: Frank Weyzig (Born for Bliss, White Rose Transmission etc.) - gothicrock.ru, 2010, http://gothicrock.ru/din/e107_plugins/content/content.php?content.264, retrieved: 05.03.2011
[5] Mic: Bert Barten (ex-XYMOX, NYX) "Twist of Shadows" - unruhr.de, 2010, retrieved: 27.02.2011
[6] Wikipedia: Twist Of Shadows - http://en.wikipedia.org/wiki/Twist_of_Shadows, retrieved: 27.02.2011
[7] Dave Simpson: "Phoenix Of My Heart" - Melody Maker, 05/1991
[8] Markus Vennemann u. Robert Rosowski: "Born for Bliss" - Entry, 1997, http://www.entry-magazin.de/IntervBornForBliss.htm, retrieved: 27.02.2011
[9] Mic: Anka Wolbert "In a mad devotional style" - unruhr.de, 2005, retrieved: 27.02.2011
Links:
unruhr-Interview Ronny Moorings 2004
unruhr-Interview Anka 2005
unruhr-Interview Pieter Nooten 2006
unruhr-Interview Pieter Nooten 2010
unruhr-Interview Bert Barten 2010
unruhr-Tongrube: XYMOX - Blind Hearts
www.clanofxymox.org
www.clanofxymox.com
www.pieternooten.com
www.myspace.com/pieternooten
www.myspace.com/ankawolbert
www.myspace.com/bornforbliss
www.myspace.com/frankweyzig
www.myspace.com./stargazingproject
www.myspace.com/whiterosetransmission
http://turmoilmusic.com
www.myspace.com/thefloatingtree
www.bertbarten.nl
www.4ad.com
www.rocketgirl.co.uk
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