"Kein Radiosong, ist mir zu lang, denn Sommertage fangen an". Diese Liedzeile wirkt nicht nur schmalzig, sie trieft sogar nur so vor kommerziellem Popgehabe. Doch wem gehört dieser literarische Genuss?
Es war vor etlichen Jahren. Eine kleine Punkband mit Namen "Wohlstandskinder" tingelte mit gut gemachter Punkrock-Mucke durch Deutschlands Clubs. Eine nicht kleine Fangemeinde pilgerte den Jungs hinterher - von Pontius bis Pilatus. Heute sieht es etwas anders aus. Endlich auf einem fetten Plattenlabel (Motor) untergekommen, adelte sich die Combo selbst. Im Stile der wie Pilze aus dem Boden schießenden Retrorock-Champignons setzten sich die Wohlstandskinder ein flauschiges "the" vor den Namen. Und damit wurde alles anders.
Live sollen sie ja immer noch gut sein, bestätigen treue Fans von früher. Dass dies auch stimmt, wollten die W-Kinder jetzt im Arnsberger Zero beweisen. Aber von Anfang an.
Punk kann auch Spaß machen. Wer hätte das gedacht. Zumindest die bekloppten Perücken-Träger von "Kapelle Petra". "Es wird alles anders" sangen Sie den gut 400 Leuten ins Gesicht. Wie wahr. Dudelsack, offene Hosenschlitze und viel zu große Sonnenbrillen. Überdimensionierte Perücken, Gazelle. Gazelle. Ein etwas übergewichtiger Typ sitzt mit Franzosenmütze und Videokamera mitten auf der Bühne. Er hat ja schließlich Geburtstag heut. Wie wohl jeden Konzertabend. Und bei "Was kostet die Welt" bestraft er sich selbst mit einer Glockenmütze und schwingt seinen Kopf im Takt zum Lied. Nettes Geschenk.
Ach ja, eigentlich waren ja die (pardon - "the") Wohlstandskinder der Hauptact des Abends. Kurz und schmerzlos. Noch immer brettern die Gitarren Punkakkorde ins Publikum, noch immer greift die Stimme. Viele neue Lieder aus der "the"-Epoche finden ihren Weg aus den Lautsprechern. "Kein Radiosong, ist mir zu lang, denn Sommertage, fangen an". Aber dann, bei den wenigen, kleinen Lichtblicken in Form des alten Liedergutes, kommen die mitgereisten Fans ins Schwärmen. Und man kann sich wieder vorstellen, wie es damals war. . Eine kleine Punkband mit Namen "Wohlstandskinder" tingelte mit gut gemachter Punkrock-Mucke durch Deutschlands Clubs. Das waren noch Zeiten.
-mh-
Bilder: mh