FSK im FZW, Dortmund, 29.03.2004

Freiwillige Selbstkontrolle, das klingt nach gezügelter Leidenschaft, klingt danach, bloß nicht in exzessive und kaum zu bändigende Emotionalitäten abzugleiten. Und so kann man FSK auf der Bühne und wohl auch auf ihren Tonkonserven kaum ein Übermaß an Explosivem vorwerfen, eher schon an Subversivem. So auch beim Konzert im Dortmunder FZW.

Keine Frage, hier hat Musik einen intellektuellen Unterbau, so vereint die Band rund um Schriftsteller Thomas Meinecke nicht nur das musikalische Können, sondern auch die Leidenschaft, sich an diversen anderen kreativen Prozessen von bildender Kunst bis Kritik abzudenken. Diese ästhetische Intellektualität strahlen die seit gut einem Vierteljahrhundert musizierenden Münchener auch auf der Bühne aus. Alles kommt unaufgeregt durchdacht rüber und lässt trotz groovender und staubig, knochiger Beats der neuen Stücke von "First take then shake" keinen Zweifel an der Berechtigung jedes einzelnen Tons aufkommen. Selbst klugscheißerische Zwischenrufe aus dem Publikum konnten daran nichts ändern.

Die bisherigen elf Alben der Selbstkontrollierten changieren zwischen New Wave, Postkrautrock, Country und detroitigen Techno-Electronics. Das letzte Album haben sie von dem Detroiter House-Produzenten Anthony "Shake" Shakir produzieren lassen. Doch die solide Handarbeit auf der Bühne und auch auf dem Album lässt nie einen Zweifel aufkommen, dass hier Musiker am Werk sind und keine Maschinen. Der Bass legt ein tiefes und teils reggaeeskes Fundament für die mal schimmernden, mal nur glimmenden Gitarren-und Keyboardsounds. Die analogen Drums, ergänzt um einige digitale Effektereien, führen alles an einer harten, klaren Linie. Gute Heim- und Housearbeit mit leicht retromodernem Touch.

Der Sound im FZW war erstaunlich gut, teils fast schon hypnotisierend. Das ging den meisten in die Beine und zapfte die Seele schwarzer Musik an, was sich auch in den identitätsstiftenden Titeln der neuen Stücke widerspiegelt, "Kinski Jones" (als Hommage an die Konjunktion zwischen Nastassja und Quincy), "Swing to Bop", "In loving memory", "Black Music", "Doctor Buzzard's Original Savannah Band", "Tiger Rag". Zerstörerischer Gegenpart dazu: Die Unstimme von Sängerin und Bassistin Michaela Melian, die einem schon mal durch Mark und Magen ging - afroalemannische Avantgarde.

Es fällt schwer, eine Dramaturgie des Abends nachzuzeichnen. Doch ein Hauch von Nostalgie und Selbstironie beduftete den Saal, als FSK alte Erststücke auf die Bühne polterten und ein wenig Punkatmosphäre herbeizauberten - "Viel zu viel Adrenalin" in einer "Modernen Welt". Da krachte es auch schon mal ganz "unblack" und krautig, bevor man sich wieder ins jazzige Zitatorium zurückzog und zum blondierten Beatmaster mutierte.

Wenn eine Band als Underground-Legende angekündigt wird, soll man wohl gleich in Ehrfurcht erstarren. Doch dazu besteht kein Grund: Auch wenn Meinecke mit dem Alter kokettierte ("Auf unseren Tourshirts müsste stehen 'We are older'."), diese Legenden klingen frischer als so mancher Babybrei, der uns heute als E-Clash vorgekleistert wird, und liefern dazu noch eine Tanz- und Denkgarantie. Gutes Konzert. 

Links:
www.diskob.com (Label)
www.fzw.de