Experimente sind was Feines - besonders dann, wenn sie eigentlich ganz ungewollt beginnen. Und statt alles in die Luft zu jagen kommt dann auch noch was Brauchbares heraus. Das Elektro-Duo "Paula" aus Berlin geht jetzt neue Wege - akustische Musik. Ach ja, mit dem "Duo" ist es nun auch vorbei. Dazu später mehr
Die "Paulaner" aus der Hauptstadt kennt man nun seit ihrem Kracher-Album "Himmelfahrt" aus dem Jahr 2000. Nicht nur die Charts nutzten sie für einen Abstecher - die Zuckerstimme mit NDW-Style brannte sich in die Ohrwurmkanäle aller Clubfreunde ein. Im Dortmunder FZW versuchten "Paula" jetzt etwas Neues. Fast vollkommen ohne Beats aus dem Brotkasten machten es sich Sängerin Elke Brauweiler und ihre beiden Live-Bandkollegen an Mini-Drums und Gitarren auf der Bühne im Club gemütlich. Und die Gemütlichkeit erstreckte sich über den ganzen Abend. Musik, Gestik, Ansagen. Es wirkte alles - ruhig. Nicht langweilig. Einfach langsam. Alte Lieder verpackte Elke in ein neues Gewand. Nicht in modernen Fummel, eher streifte sie den Liedern einen Hauch Baumwolle aus den 30ern und 40ern über. Da trifft schon mal "Als es passierte" auf einen guten alten Bossa. Und was noch mehr überraschte: Das Ganze klang irgendwie gut. Musikalisch top - von seiner Wirkung vorhersehbar.
Das Publikum versuchte erst gar nicht, sich tänzerisch durch den Club zu bewegen. Zuhören, Augen schließen, abschalten. Ein Gegensatz zu früheren "Paula"-Gigs. Elke Brauweiler ließ sogar für zwei Lieder ihre klassische Seite an die Luft: Sie spielte Bratsche. Aber auch das gefiel. Sicherlich, einigen Besuchern ging die ruhige Performance "auf den Sack" (Zitat eines Fans). Sei es drum. Zugaben durften natürlich nicht fehlen. Wie Bonustracks auf einer CD unterschieden sich diese von den vorigen Liedern: Endlich schwang Elke ihr Haar, "rockte" hinter ihrem Mikro auf und ab. Vielleicht eine kleine Versöhnung für unzufriedene Fans?
Einigen wird es schon aufgefallen sein. Wo ist denn der zweite Teil des Duos "Paula"? Einfache Antwort: Den gibt es nicht mehr. Berend Intelmann hat die Band-Segel gestrichen. Elke Brauweiler wird dennoch mit "Paula" weitersegeln. "Ich bin deswegen seit fast einem Jahr nicht mehr live aufgetreten", verrät Elke unruhr.de, "aber ich musste einfach wieder auf die Bühne". Nicht nur des Live-Kicks wegen, "man darf ja nicht in Vergessenheit geraten". Aus der Not eine Tugend gemacht - von Anfang geplant war die Akustik-Aktion also nicht. "Ich bin aber überrascht", so Frau Brauweiler, "wie gut das Ganze bei den Fans ankommt". Zwar seien viele Gäste "sehr zurückhaltend". Aber: "In ihren Gesichtern sieht man, sie finden es schön". Wird sie denn jetzt so weitermachen - ganz ohne elektronische Unterstützung? "Nein, derzeit suche ich einen guten Trommler", erklärt sie. Die Arbeiten im Studio gehen aber weiter: Im Frühjahr 2005 soll es dann so weit sein. Das nächste - also vierte - Album soll an alte Erfolge anknüpfen. Wieder mit Verstärkung an den Drehreglern. Dann wird es auch live anders zugehen - nicht mehr so gemütlich, dafür wieder tanzbarer. Das ist doch auch was.
-mh-
Links:
(Label) www.paula-musik.de
www.homerecords.net
Fotos: mh