Mal Hoeschen (Klangkabel): "...auch mal risikobereit sein."

ImageMal Hoeschen vom Genesungswerk und Martin Juhls aka krill.minima veranstalten seit Beginn des Jahres kleine, kuschelige, elektronische Musikabende im Dortmunder Sissikingkong. Endlich mal ein Kontrapunkt zum langweilenden Gitarren-Emo-Hardcore-Rock-Punk-Metal-Murks-Geschrammel, das uns sonst so aus dem Unruhrgebiet anödet. Wenn man aufmerkt, dass in der Süddeutschen schon über eine Krise der elektronischen Musik schwadroniert wird, können wir doch glücklich sein, dass sie hierzulande wenigstens schon mal angekommen ist. Um die Krise kümmern wir uns dann später. Seine Sicht der Musikdinge erläuterte uns Mal Hoeschen im Interview.

UnRuhr: Nach zwei Abenden „Quiet Riot“ lässt sich vielleicht ein erstes Fazit ziehen. Takashi Wada beim letzten Abend war sicher der bisherige Höhepunkt Eurer Konzertreihe. Würdest Du insgesamt Euren Versuch, eine neue Reihe mit Konzert- und DJ-Abenden im Sissikingkong zu veranstalten, als gelungen bezeichnen? Wie bewertet Ihr die Resonanz?

Ja, durchaus als positiv. Wenn man beobachtet, wie viele Leute gekommen sind, und wie viele sich auch auf die Musik einlassen, indem sie entspannt in den Sesseln sitzen und den Konzerten lauschen.

UnRuhr: Das Publikum für Eure Musik ist zurzeit noch eher eine kleine, verschworene Gemeinschaft. Man hört immer wieder, dass die Experimentierfreude unter den Gastronomen und Clubbetreibern im Ruhrgebiet nicht gerade sehr ausgeprägt ist. War es schwer, einen Club zu finden wie das Sissikingkong, der das mitmacht?

Nein, denn Martin und ich haben ja auch ganz bewußt das Sissikingkong ausgesucht, weil wir die Kellerbar als sehr geeigneten Raum für unser Konzept ansehen. Und das Sissikingkong nimmt ja auch keinen Schaden; der Betrieb oben geht normal weiter, und es kommen weitere Gäste wegen Quiet Riot, die ja auch Verzehr haben. Und unsere Artists zerschlagen auch kein Mobiliar. ;-)

UnRuhr: Stell Dir irgendjemanden vor, der mit elektronischer Musik und den bei Euch auftretenden Künstlern zunächst nichts anfangen kann. Wie würdest du ihn ins Sissikingkong locken? Was erwartet ihn bei Euch?

Wer Lust hat, mal Musik außerhalb des Mainstream zu hören, muß denn auch mal risikobereit sein. Wenn man/frau das nicht ist, kann er/sie auch nichts Neues für sich entdecken. Auf unserer Website http://quietriot.klangkabel.de/ sind auch tracks der jeweiligen Acts, da wird durchaus ein erster Eindruck vermittelt. Erwarten tun den geneigten Besucher Konzerte im angenehmen Rahmen, außerhalb einer Club/Party-Atmosphäre, der Raum ist klein und kuschelig.

UnRuhr: Du betreibst mit dem „Genesungswerk“ gleichzeitig auch ein eigenes Label und spielst selbst bei [multer]. Wie hat sich die elektronische, ambientorientierte Musik in den letzten Jahren entwickelt? Wo geht die Reise hin? Lassen sich irgendwelche Strömungen ausmachen? Gibt es noch echte Innovationen?

Tja, echte Innovationen? Es gibt meiner Meinung nach nichts radikal Neues mehr wie Punk oder Techno damals. Aber es gibt immer wieder Musiker, die es zumindest für mich schaffen, etwas Neues zu kreieren, sei es durch das Handling mit Sounds, sei es durch die Rekombination von Elementen, die zwar bekannt, aber in dieser Anordnung noch nicht gehört wurden. Und damit spannend sind. In den letzten Jahren gab es ja eine große Strömung, in der am Laptop erzeugten Musik ganz viele akustische Elemente wieder einzubauen, und so den künstlichen Sound mit analogen Klangfarben zu verbinden. Das hat auch wieder sehr viel Freude bereitet. Ich selbst bin ja mit [multer] auch schon seit Jahren genau in diesem Wechselspiel zwischen analog und digital involviert.
Wo die Reise hingeht? Ich denke, es gibt seit über zehn Jahren keine eineindeutige Richtung. Alle möglichen Stilarten und Variationen stehen gleichberechtigt nebeneinander. Ich selbst höre ja auch eher Querbeet.

UnRuhr: Quiet Riot wird von Dir und Martin Juhls aka krill.minima und Sternschaltung veranstaltet. Wir ist Eure Zusammenarbeit entstanden und wer ist wofür zuständig? Gibt es eine Arbeitsteilung zwischen Euch?

Unsere Zusammenarbeit ist aufgrund der Tatsache entstanden, daß wir beide der Meinung waren, etwas für elektronische Musik in Dortmund tun zu müssen und zu wollen. Und so haben wir 2004 auch den 'Klangraum Phoenix' aus dem Boden gestampft, der meiner Meinung nach eindrucksvoll bewiesen hat, daß hier im Ruhrgebiet durchaus viele Menschen leben, die ein Interesse an elektronischer Musik und solche Konzertangebote auch wahrnehmen.
Martin und ich stimmen alles zusammen ab, arbeitsteilig kümmert sich Martin mehr um das Booking und die Technik, ich mehr um die Pressearbeit und das Design für Flyer, Plakate und die Website.

UnRuhr: Nach welchen Kriterien wählt Ihr die Künstler für „Quiet Riot“ aus? Gibt es bestimmte Leitlinien? Was ist Euer Ziel und wen haben wir noch zu erwarten?

Es muß uns gefallen. Eigentlich ganz einfach. Und es dürfen keine exorbitanten Gagenforderungen an uns gestellt werden. Schließlich wollen wir keine Miesen machen; aus Gewinnabsichten machen wir diese Reihe sicherlich nicht, sondern um gute Musik hier in Dortmund zu präsentieren.
Ziel ist es, diese Reihe zu etablieren, Musikern aus der Umgebung in Kombination mit Acts aus Deutschland und sonstwo die Möglichkeit zu geben, sich zu präsentieren. Die Planungen für Mai und Juni (dann ist Sommerpause) sind noch nicht ganz abgeschlossen, im März kommen zum Genesungswerk-Abend Tarkatak aus Oldenburg und Kallabris aus Bochum, im April FS Blumm, Anne Laplantine und A.Gottschau & Guido Möbius aus Berlin. Im Mai höchstwahrscheinlich Mapstation (ein Mitglied von To Rococo Rot) aus Düsseldorf.

UnRuhr: Du hast kürzlich mit "Klangkabel" auch eine eigene Eventagentur für elektronische Musik und Bild gegründet. Quiet Riot ist Dein erstes Projekt. Was hast du mit Deiner Agentur sonst noch vor?

Mit 'Klangkabel' biete ich Kunden Dienstleistungen in kleinerem und größerem Umfang und Gesamtprojekte an, die in Zusammenarbeit mit anderen Agenturen/Freiberuflern konzipiert und durchgeführt werden. Das können z.B. ein DJ-Auftritt, z.B. im Zuge einer Vernissage oder anderen öffentlichen Anlässen (Eröffnung eines Restaurants oder anderer Betriebe), oder die Organisation und Durchführung einer Veranstaltung oder Veranstaltungsreihe insbesondere im Bereich 'elektronischer Musik' für Kneipen, Cafes, Theater, Medien- oder Kunstvereine, Diskotheken, Veranstalter (städtische und private) etc. sein. Also neben reinen DJ-Auftritten (+ VJ) können das auch Live-Konzerte sein, in Begleitung mit visuellen Performances durch VJ's. Dem Kunden kann eine komplette Abwicklung der Veranstaltung angeboten werden: die gesamte Logistik (Technik, Verpflegung und Unterbringung der Artists) Werbung per Flyer und Plakate, Artikel und Veranstaltungshinweise in Stadtmagazinen und Zeitungen und Präsentation im Internet. Ich finde, in diesem Bereich gibt es viel zu tun; innovative Veranstaltungen sind rar gesät.

http://quietriot.klangkabel.de/
http://www.genesungswerk.de
http://www.krillminima.de