Wir packen es!

Peter Neururer ist einer von denen, die angeblich so etwas wie das Ruhrgebiet verkörpern. Zeitloser Oberlippendschungel mit drübergenagelter Untertagerötung im Gesicht. Dazu immer einen oberschenkelbeanspruchenden Flottspruch auf den nur halb sichtbaren Bierglanzlippen. Und der ungebrochene Wille, den Abstieg zu verhindern. Gewissermaßen so wie das ganze Ruhrgebiet.

Etwa alle vier Wochen erscheint in der gleichgeschalteten Presselandschaft der Ruhrstadt, also in der WAZ, ein Interview mit Peter Neururer, befragt vom hochbegabten Sportjournalistentalent Hans-Josef Justen weil
a) entweder der VfL mal wieder unabsteigbar vor dem Abstieg steht oder
b) ein Trainerkollege entlassen wurde und Peter das scheiße findet, weil er um seinen Titel als Meistgefeuerter fürchtet, oder
c) ein neuer Papst gewählt wurde.

Nach c) war jetzt mal wieder a) dran und Peter durfte endlich wieder alles das verkörpern, was wir im Ruhrgebiet so lieben. Ich zähle es gar nicht auf, weil alle wissen, was ich meine. Wir lesen es schließlich alle vier Wochen und es hat den Neuigkeitswert einer täglich aufgebrühten Tasse Tee. Kernaussage: Wir packen es!

Damit es nicht allzu langweilig wird, darf sich Peter diesmal über eine Harley beugen und dazu grinsen wie ein Vorgartenzwerg, den man in eine zu enge Lederfetischkluft gezwängt hat. Verrückte Nudel aber auch! Da stört auch das kürzlich verhängte Fahrverbot nicht. Schließlich wähnte er sich beim Drängeln auf der Autobahn in einem “seelischen Ausnahmezustand“. Hauptsache anpacken kann er.

Ich weiß gar nicht, wie oft wir es schon gepackt haben und frage mich, was die WAZ und in Personalunion damit Hans-Josef Justen machen, wenn wir es wirklich einmal packen. Wenn wir den Garten der Mittelmäßigkeit und gottverlassenen Provinzialität endlich einmal räumen und aufsteigen aus der Düsternis ins strahlende Licht. Dann werden wir sie gar nicht mehr brauchen, die Neururers, Justens und WAZens, weil sich nämlich im Licht ihre Durchschnittlichkeit offenbarte. Ihre Arbeitsberechtigung wäre erloschen.

Damit das nicht passiert, agitieren Sie uns wöchentlich das Stammhirn mit inhaltsleerer Wurstigkeit zu, die den Charme einer aufgerauchten Ernte 23 verströmt. Der Effekt ist gleich Null. Soll auch so sein, denn zu viel Information hätte fatale Folgen für das monotheistische Weltbild der hiesigen Meinungsdiktatur. Sie könnte plötzlich Einsicht produzieren. Und das will ja keiner. Dann hätten wir plötzlich ganz andere Dinge anzupacken, Dinge, die nicht immer nur den Abstieg verhindern sollen. Und vor allem würden wir ganz andere Dinge lesen wollen. Vielleicht mal etwas Intelligentes?

Es klingelt. Macht’s gut. Ich glaub’, Sie holen mich ab…

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