Mia. - Stille Post (2004 Sony)

Image"Ich will, dass sich die Lager spalten - right, ich bin dafür bereit" sangen Mia. vor 2 Jahren auf ihrem Debüt "Hieb und Stichfest". Dieses Ziel haben Mia. erreicht, denn Angriffsflächen bieten sie genug. Eine heillos überdrehte Sängerin, die sich auch noch Mieze nennt; einem Sound, der ganz zufällig in das NDW / 80er-Revival passte; Debüt beim Major und schließlich der Drang zu Aufsehen erregende Aussagen und Aktionen.

All dies sind eigentlich gute Gründe die Band scheiße zu finden. Zuletzt schafften es Mia., innerhalb von 10 Monaten von einem Auftritt bei der Berliner 1.-Mai Demo über die Love-Parade zur deutschen Vorentscheidung für den Eurovision Song Contest überzuwechseln. Die revolutionäre 1. Mai Demo können sie nun aber vergessen, weil dort Auftritte in Landesfarbe nicht gern gesehen werden und auch ein neuer, "guter" Patriotismus auch nicht die gängige Parole ist. Schuld ist die "Was es ist" Single/EP, die zum Eklat bei der Linken führte. Der Vorwurf der Dummheit bzw. politischen Naivität steht im Raum. Seit Anfang März ist nun das neue Album "Stille Post" erhältlich. Musikalisch haben sich Mia. auf "Stille Post" ohne Frage weiterentwickelt und sind so der Zeitgeistfalle des Debüts entkommen. Was die beiden Singles "Was es ist" und "Brennendes Herz" schon andeuteten, Mia. öffnen sich vorsichtig dem Pop - und zwar großem Pop mit großen Melodien. "Brennendes Herz" sind leidenschaftliche 3 Minuten über das Zerstörerische einer ungleichen Beziehung, in der man als Schwächere trotzdem bis zum Äußersten mitmacht. Dass der Grad zwischen Pop und Seichtheit sehr schmal sein kann, zeigt dagegen das Lied "Hoffnung" mit kitschigen Bläser- und Klaviereinsätzen. Neben diesen Popnummern finden sich auch wieder punkig-rockige Songs mit Elektrosounds und -getucker, die wieder auf diese feinen 80er Bands verweisen: Ideal (schreiben ja alle), X MalDeutschland (schreibt keiner, mich erinnert es manchmal an deren "Viva"-Phase - auch wegen dem Wechsel von deutschen und englischen Textzeilen), Neonbabies. Beispiele sind "Komm mein Mädchen" mit netten Handclaps, "Blaue Flecken", "Atze de Boe / Unsere Lieder" sowie Mias gesamtpolitisches Statement "Ökostrom". Mia. glauben an die Veränderung zum Guten ("ich seh, dass ich was ändern kann und auch was ändern will"; "für einen ersten Schritt ist es nie zu spät" aus Ökostrom). Im elektropunkigen "PRO-Test" protestieren sie gegen Grenzen, für Menschen und für einen toleranten Umgang mit der Meinung des anderen. Wenn da mal nicht auch Mias Erfahrung der letzten Monate in den Text miteingeflossen sind. Diese Direktheit in den Texten ist der große Unterscheid zwischen Mia. und Bands wie Wir sind Helden. Es gibt meist nicht viel zwischen den Zeilen zu lesen. Sie bekennen Flagge und damit schließt sich wieder der Kreis. Die Lager werden gespalten und wer Mia. hasst, der wird sie weiter hassen. Egal. Mia. gehen den lauten, schrillen Weg, weil sie nicht nur gegen etwas sein wollen, sondern auch für etwas. Sie möchten positiv sein und nicht nur negativ. Ich auch, denn ich finde es gut.

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