fabio orsi „postcards from bochum“

fabio_orsi_postcards_from_bochum_kleinfabio orsi, derzeit in berlin lebender italienischer experimentalmusiker und die „postcards from bochum“; mit dem wissen um fabio orsis zweites standbein, die fotografie, könnten diese auch tatsächlich genau das sein: postkarten mit bildern von fabio orsi gestaltet, bildern aus bochum natürlich.


für die hier vorliegenden, von midira records in hyperlimitierter auflage veröffentlichten postkarten gilt dies allerdings allein in einem übertragenen sinne, handelt es sich doch in wirklichkeit um „hörkarten“; szenen aus dem bochumer stadtleben, episodenhaft zusammengefasst und basierend auf den ergebnissen eines fieldrecording-workshops, kuratiert vom webzine thepostrock.de, den fabio orsi geleitet hatte. und dies ist dann auch gleich die zweite besonderheit der „postcards from bochum“: die sieben beiträge stammen von sieben teilnehmern und fabio orsis rolle war, neben der gestaltung einer eigenen hörkarte (interessanterweise die mit der meisten musik, siehe unten), die eines beraters für die sechs anderen: frans bruhn, jari heeschen, alex klett, angsttrieb, theriak und sven dortmund... inwieweit und wie sehr er einfluss auf den werkprozess der anderen hatte (während der aufnahmen, beim nachbearbeiten etc.) wird nicht erläutert; zu vermuten ist aber, dass fabio orsi bei der auswahl der endgültigen tracks für diese veröffentlichung durchaus mitgeredet haben wird.

 

im ersten eindruck scheint der fokus der hörkarten, analog der bezeichnung fieldrecording, auf der werktreue zu liegen: ohne verfremdende nachbearbeitungen, ohne überlagerungen etc. die meisten der sieben beiträge konzentrieren sich dabei, bewusst oder unbewusst, auf ambiente aufnahmen: die aufzeichnung von konkreten botschaften durch wie in ein mikrofon sprechende personen wird weitgehend vermieden; allein zwischendurch (z.b. in alex kletts „pottgeflüster“ und in „people of bochum – the music of your streets“ von angstrieb) wird auch diesen offensichtlicheren äußerungen des „realen lebens“ raum gegeben; im ergebnis dann durchaus nicht ohne komik bzw. lokalkolorit... die größte überraschung innerhalb der sieben ist viellecht die letzte karte von sven dortmund, dessen „tk21“ in den ersten rund drei minuten wie ein cut-up quasi kurze einblicke und „schnelles vorspielen“ vereint, bevor eine längere passage den höhepunkt bildet, bevor sich zum ende die sprünge wieder häufen.

je öfter man die „postcards from bochum“ anhört, desto schwieriger wird es übrigens zu entscheiden, was unbearbeitete aufnahme, bewusste collage oder überblendung / überlagerung ist (sofern derartige bearbeitungen stattgefunden haben). aber letztendlich geht es hier nicht um wissenschaftliche kartierung, sondern das einfangen einer stadtatmosphäre. und das ist wirklich gut gelungen. da der sound der aufnahmen ebenfalls ausnahmslos gelungen ist, eignen sich die in sich dynamischen „postcards from bochum“ zur verwendung als hörkulisse zu hause ganz perfekt; eine kulisse, die dann durchaus auch etwas musikalisches hat. und damit sind nicht die immer wieder zu hörenden einsprengsel von umgebungsmusik auf den einzelnen postkarten gemeint. und auch nicht die opulente kirchenorgel in fabio orsi's vö mittelpunkt „bochum is not a 6 letters word“.

...und: großer mehrwert durch die verpackung: nicht nur durch die fotos von fabio orsi auf der klapphülle, sondern ganz besonders durch den genähten und bestempelten baumwollbeutel, der diese aufnimmt...

schöne grüße

N

http://fabioorsi.blogspot.de/

http://fabioorsi.bandcamp.com/

http://midirarecords.com/

http://www.myspace.com/angsttrieb