Mário Lúcio - Badyo (2008 Lusafrica)

Sprengt die Ketten!Der Blick auf das Coverfoto lässt nur bei fundierten Kenntnissen der Ethnografie erraten, dass Mário Lúcio von den Kapverden kommt. Nur Kennern erlaubt dies einen Rückschluss auf die Musik, die im Inneren der Verpackung auf CD gespeichert ist. Die Mehrheit wird spekulieren müssen. Offensichtlich ist jedoch, dass Mário Lúcio eine schwere, wenig schmuckhafte Kette um den Hals trägt. Und das ist mindestens siebter Monat Bedeutungsschwangerschaft.

Es ist der Wink mit dem Zaunpfahl, doch der Andeutungen noch nicht genug. Denn Lúcios demnächst erscheinendes Album heißt Badyo und findet sich damit irgendwo zwischen badjo, das auf den Kapverden tanzen meint und Badio, was dort die damals aus Westafrika geflüchteten Sklaven und deren Nachfahren bezeichnet.

Innerhalb dieser Eckpunkte bewegt sich Badyo. Es finden sich traditionell kapverdische Elemente darin, wie die einsaitige, geigenähnliche Cimboa, ursprüngliche Inselrhythmen wie Funana und Batuko. Die talkin‘ drum - das westafrikanische Leitinstrument - ist zu hören, viele südamerikanische Einflüsse, die ihren Weg über Portugal nach Cabo Verde gefunden haben werden bzw. wie Mario Lucio im unruhr-Interview verrät, genau anders herum. Man vernimmt ein jazziges Piano und Cowboy-Blues sowie Stücke, die auch im Osten des afrikanischen Kontinents zu Hause sein könnten.

Badyo ist deutliches Ergebnis der sogenannten Kreolisierung, diesem Begriff, der viel meint, aber im Kern immer auch Mischung bedeutet. Mário Lúcios Album ist ein musikethnologischer Kolonialwarenladen, dessen Ziel es war, den Geruch von Gewürzen zu tragen, wie der Musiker erklärt. Dabei heraus gekommen ist bestes Curry.

Jeder, der Spaß daran hat, die verschlungenen Pfade des kolonialen Zeitalters zurück zu verfolgen und auf musikalische Entdeckungsreise zu gehen, sei als Anfangs- oder Endpunkt die Republik Cabo Verde im Atlantik empfohlen. Zum Kennenlernen eignet sich Badyo hervorragend, denn trotz versteckter Bedeutungen ist das Album erstaunlich leicht und locker.

www.mariolucio.com/