Superpunk im FZW, Dortmund, 14. September 2004

"Einmal Superpunk, bitte…"
So oder so ähnlich fangen vermutlich zurzeit alle Live-Reviews zu Konzerten der Northern Soul Epigonen aus Hamburg an. Das letzte Album hat Spuren hinterlassen. Dort, wo man sie am liebsten sucht: in der Seele.

superpunk"Ein kleines bisschen Seele…" schmettert Carsten Friedrichs auch von der Bühne des FZW in den sehr gut gefüllten Club, das Ganze hanseatisch reduziert, aber irgendwie auch einfühlsam. Wie ein guter Freund, der zwar nicht gern in überschwängliche Gefühle ausbricht, von dem man aber trotzdem weiß, dass man sich ganz auf ihn verlassen kann, dass er bei einem ist, dass er da ist.

"Tu am besten so als sei nichts gewesen, ich werde vorbeikommen und dich auflesen." Es ist verdammt schwierig, Tiefe in einfache Worte zu fassen. Superpunk beherrschen das perfekt und haben mit ihrem Polarkreis-Soul den passenden musikalischen Rahmen dazu gefunden. Wie Inuit dem Blizzard trotzen sie der Kälte der Großstadt mit warmen Gedanken und Selbstreflexionen, die anrührend wirken: "Ich mag den Mann nicht, der ich bin." oder "Es gibt nur ein Leben und deshalb weigere ich mich aufzugeben." oder "Ich bin nicht böse geboren."

superpunkUnd dann ist da noch dieser Beat, diese unterkühlt vorgetragene Lust am Swing. Es recken sich nur selten die Hände, um taktzuklatschen. Man ist vollauf damit beschäftigt, seine kreisenden Hüften im Zaum zu halten. Füße stillhalten ist ohnehin unmöglich und jedes rhythmische Schnipsen passt besser zu dieser lässigen Tanzautomatik als enthemmtes Pogen. Das ganze Konzert fließt dahin und bringt den Hormonhaushalt trotzdem gehörig durcheinander. Man fühlt sich gut, wenn Lars Bulnheim (git), Carsten Friedrichs (voc,git), Tim Jürgens (bas, voc), Thies Mynther (keyb) und Thorsten Wegner (dr) spielen. Die Seele tanzt, das Leben lacht, ist aber nicht immer lustig. Kann man etwas Besseres über eine Band sagen?

Und wenn Carsten Friedrichs dann noch behauptet, dass die Band im Januar 1999 ihr erstes Konzert außerhalb Hamburgs im "Spider" am Dortmunder Hafen gegeben hat (Kann sich an den Laden überhaupt noch jemand erinnern?), werden die Synapsen zwischen Band und Publikum endgültig geschaltet. Wir waren eins, irgendwie alle Freunde und Freundinnen, die das Leben nicht so schwer nehmen wollen, wie es manchmal ist.

superpunkDer einzige, der sich etwas beschwert hat, war unser Fotograf mh, der die big moments auf der Bühne vermisste, schwitzende Leiber, ausrastende Leadgitarristen, zertrümmertes Equipment. Nur einige launig-spröde Ansagen zeugten vom hanseatischen Ironietemperament. Trotzdem hat der die Speicherkarte vollgeknipst, vielleicht weil dort fünf Kerle auf der Bühne standen, die vollkommen in sich selbst ruhten, immer in dem Wissen, ihre Bestimmung gefunden zu haben: Beseelt Musik zu machen, auch ohne die Pose als Position.

superpunkAch ja, und dann war da noch die unverschämt gut aussehende Frau neben mir mit dem grübelnden Lächeln um die Lippen und einem türkisfarbenen Oberteil (soll noch vorkommen), die mich ein ums andere mal von der Musik abgelenkt hat. Alles in allem also: Ein perfekter Abend. Sie darf sich gerne bei mir melden, um gemeinsam in Erinnerungen zu schwelgen.

Links:
www.superpunk.de
l'age d'or (Label)
www.fzw.de


Fotos: mh