ungewohnte situation: leute mit bunten schildern um den hals in der stadt und die sprechen auch noch in zungen…. also: leute, die hier sonst nicht zu sehen sind und das auch noch stadtbildprägend. plus überall ankündigungen von veranstaltungen und austellungen an orten, die sonst, auch mal zu recht, anonym bleiben: isea 2010.
(nicht nur) die dortmund-woche bot vollbedienung und erforderte entscheidungskraft wie allenfalls die möglichkeiten in diesen städte, wo sonst immer alles passiert; hieß: auswahl treffen notwendig oder gleich urlaub nehmen. oder, und das verwunderte (als phänomen in den städten, in denen dauernd alles passiert weniger, hier) dann aber doch: gar nichts machen und zuhause bleiben. denn zumindest so einige gesichter, denen man zugetraut hätte hier zu erscheinen (auch weil sie sich dauernd beschweren, dass hier nichts oder immer nur das gleiche los ist) hatten wohl diese option gewählt.
nun lässt sich über die auswahl eines veranstalters immer streiten, fest steht, hier liefen im rahmen der isea ein paar acts und aktionen, die in dieser frequenz vor ort sonst nicht zu erleben sind.
apropos erleben: nachdem ich die urlaubs-option nicht ziehen konnte, habe ich am eröffnungsabend den KONTAKT DER JÜNGLINGE in musikalischer hinsicht eben nicht erlebt, sondern schlicht verpasst; konnte aber immerhin noch ein paar aftershow-worte mit den beiden protagonisten ASMUS TIETCHENS und THOMAS KÖNER sowie jochen schwarz von ihrem stammlabel die stadt wechseln (und mit till kniola von auf abwegen übrigens auch, man traf sich…). ich hörte dann noch, dass das, was es vor meiner ankunft zu hören gab, so etwas wie die rohfassung eines kommenden albums von KONTAKT DER JÜNGLINGE sein könnte… ich bin gespannt.
konzerthaus, die zweite: MUDBOY aus den usa an der orgel, danach FENNESZ aus österreich. von der ausgangsposition mit der nutzung der grossen gebläseorgel des konzerthauses erst mal überzeugend ausgestattet, blieb der auftritt von MUDBOY in der umsetzung irgendwo zwischen leicht hakend und überambitioniert hängen: insgesamt zu leise angesetzt, in der art der verbindung von orgel (vierhändig; MUDBOY + verstärkung), eingespielten fieldrecordings und zweistimmigen gesang (zwei sängerinnen) leider tendenziell wenig zwingend und im dynamischen aufbau, mit blick auf die spielzeit, zu wenig höhepunkte setzend. das vorletzte viertel mit einer sich wellenartig wiederholenden orgel/elektronik dronewolke konnte da im vergleich am stärksten punkten; für mein dynamikempfinden hätte dieser part höhe- und schlußpunkt sein dürfen. Leider versuchte MUDBOY in einer endlos erscheinenden coda das stück wieder an den leisen anfang zurückzuführen und zerfaserte es damit vollständig.
FENNESZ mit gitarre und laptop als gleichberechtigte instrumente analog und digital unterwegs, startete abstrahiert rockig, die gitarre dabei immer in seine trademark-soundästetik zerspellend. grundsätzlich gelungene aktion (obwohl: es gab auch kitschvorwürfe; später, im gespräch unter den zuhörern), wenn auch das gefühl nicht weichen wollte, hier eine aneinanderreihung verschiedener pattern gehört zu haben, die, als ausgearbeitete komposition innerhalb eines tonträgers harmonisch und dynamisch auf den punkt kommen, in der live improvisierten neuzusammenstellung jedoch einen hauch von beliebigkeit (eben in der zusammenstellung) nicht verhehlen können. also: eindruck eher zwiespältig.
ÉLIANE RADIGUE aus frankreich, bekannt durch ihre seit jahrzehnten andauernde beschäftigung mit dem synthesizer und damit, auch in bezug auf ihren forscher- und pionierstatus, sicher prädestiniert für die isea-thematik, schien auf den ersten blick auf die bühne dennoch das thema komplett verfehlt zu haben: keine elektronischen instrumente, keine(!) verstärkeranlage, allein zwei bassetthörner (was ist das?) und ein cello, letzteres bedient von dem experimenterfahrenen CHARLES CURTIS, den ich übrigens 1997 im dortmunder subrosa schon mal live mit seinem damaligen trio gesehen hatte… so schließen sich kreise (wenn auch mit ganz anderer musik). dazu CAROL ROBINSON und BRUNO MARTINEZ an den beiden hörnern. und hier zeigte sich, dass auch leise funktioniert: die beiden bassetthörner alternierend auf dem gleichen ton, der so zum leicht im raum pendelnden dauerton wurde, das cello ebenfalls zumeist in einem 1-ton-modus, der aber texturell (mit flageoletts, oktavierungen, sonstigen zusatztönen und -geräuschen etc.) angereichert wurde. in der ausführung für die drei auf der bühne und in der notwendigen stille und konzentration für die zuhörer eine für beide seiten harte arbeit, aber absolut lohnend. und wenngleich mir von veranstalterseite nach dem konzert gesagt wurde, ÉLIANE RADIGUE hätte in ihren einführenden worten betont, mit der vorliegenden komposition keine „akustik spielt elektronik“ konzepte verfolgt zu haben, das stück sogar jenseits seiner instrumentalen umsetzung komponiert zu haben; ich bleibe bei dem eindruck, den das gehörte hinterlassen hat: noch nie habe ich 3 akustische instrumente erlebt, die ohne jede bearbeitung in klangästhetik, spielhaltung und gesamtsound so sehr wie reduziert minimalistische synthesizermusik geklungen haben. perfekt und überzeugend. und trotz der nähe zu ihren elektronischen arbeiten absolut eigen wirkend, eben wegen der instrumentalen umsetzung. mit blick auf isea dann natürlich schon eine mehrfach gebrochene verbindung/konzepthaltung…

absolut überzeugendes konzert mit anklängen von happeningcharakter; perfekt.

neben konzerten und ausstellungen und aktionen (z.b. „heavy-matter“ im ug des seit beginn der zeiten halb verwaisten westfalen forums in dortmund oder die „ruhr exhibition“ im dortmunder museum für kunst- und kulturgeschichte oder die lichtinstallation in duisburg am abend des konzerts von CHARLEMAGNE PALESTINE) gab es haufenweise workshops und verwandtes, sehr viele davon mit intensiver teilnahmemöglichkeit (z.b. an moog-synthies). aber spätestens dafür musste dann wirklich viel mehr zeit mitgebracht werden…
schöne grüsse
N
kontakt der jünglinge
mudboy
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éliane radigue
charles curtis
carol robinson
bruno martinez
über die zusammenarbeit mit éliane radigue
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