Wenn es in Deutschland scheiße läuft, ist es im Ruhrgebiet grundsätzlich noch schlimmer. Tief im Westen liegt der vergessene Osten des Landes. Nun sterben die Deutschen aus. Das Ruhrgebiet stirbt ein bisschen schlimmer. Wir sind nichts weiter als eine 150-jährige Laune der Industriekultur.
Präses Horst zieht menetekelnd durch das leere Land und predigt pro Poppen. Der Deutsche scheint infertil. Die vor 25 Jahren von Heinz-Rudolf Kunze besungenen kleinen, kalten Klötze an den Schwänzen sind zur Größe eines Eisbergsalats angewachsen. Goethe, Schiller, tralala drohen den Bach runter zu gehen. Zweitausend Jahre Germanismus könnten in absehbarer Zeit zu Ende gehen, so Horst. Die Franzosen ferkeln rekordverdächtig, der Deutsche hat das Nachsehen. Was soll aus unserer Rente werden?
Der Michel mag nicht mehr kuscheln, aus reiner Bequemlichkeit. Wegen sich wandelnder Lebensentwürfe, heißt das im Soziologendeutsch. Die wandelnden Lebensentwürfe beinhalten aber leider auch, dass der Arbeitslose dann doch nicht so gutgelaunt ist, um freudig sein Sperma in die Welt zu verteilen. Dass der hoffnungsvolle Beginn beim neuen Arbeitgeber begleitet wird, von einer Probezeit bis kurz vor das Rentenalter, einer Kündigungsfrist unwesentlich länger als der Klogang oder gleich einer Befristung mit der Haltbarkeitszeit einer Flasche Bier. Da bleibt man lieber zwei, drei Stunden länger in der Firma anstatt sich für das Schäferstündchen und den Reproduktionsvorgang fit zu halten.
Der präsidiale Horst jedoch, der geißelt unseren Kleingeist. Eure Zukunft sind doch die Kinder. Ich bin schließlich auch nur für fünf Jahre gewählt, und dann Hartz IV. Uns fällt nichts, absolut nichts ein zu eurer Rente. Es ist an euch. Fräulein Angela merkelt dazu an, jeder kann ein bisschen mehr tun, im Job, aber auch in der Familie. Die SPD-Familienpolitiker sind so nett zu uns und möchten die Absetzbarkeit bei Kindern bis zu sechs Jahren deutlich erleichtern. Also, Untertanen, pimpern für Deutschland.
Das Ruhrgebiet verschärft die Lage zusätzlich, indem es seine - zumindest rein theoretisch - fortpflanzungsfähigen Bewohner in die Metropolen ziehen lässt, wo diese sich Arbeit und erhöhte Coolness erhoffen. Zwischen Duisburg und Dortmund vermehren sich lediglich die ausländischen Mitbürger, und um die Ecke bei minimal an der Kasse, hat man nur noch Omas vor sich, die es alle passend haben. Die Volksvertreter heben abwehrend die Hände und sehen zu, dass sie in der nächsten Legislaturperiode möglichst in Düsseldorf oder Berlin unterkommen. Wissenschaftler reiben sich die Hände und erklären das Revier übereifrig zum demografischen Testgebiet. Wer bleibt, wird markiert.
Foto: Katja Helten
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