a girls world

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Der Mann im Rollstuhl,
der ich bin,
der am Esstisch von Dschingis Khan träumt,
von Ungewaschenem,
von knorpeligem Fleisch
und von Höhlen und Feuer und Wald
und von der Lautlosigkeit
einer mongolischen Salzwüste bei Nacht.



Dieser Mann, der seine Frau liebt,
die Frau des Mannes, die auch ihn liebt,
und die Tochter des Mannes, die ihn ebenfalls liebt,
und die Arbeit des Mannes, die eine Bildschirmarbeit ist,
und das warme, gemütliche Haus des Mannes, in dem Bücher stehen, und Pflanzen, und Stofftiere,
und der Garten des Mannes, in dem Erdbeeren wachsen und Teichfische und verschiedene Vogelarten,
und die Katze des Mannes (die die Katze der Frau ist),
und all diese vielen Fähigkeiten des Mannes, trotz Rollstuhl, all das zusammenzubringen, aufzubauen, einzurichten,
und die Liebe des Mannes, der seine Frau liebt, die Frau, die er trägt, wo immer es geht, er trägt sie auf Händen und er trägt sie im Herzen,
alles ist Liebe wie die Liebe von Schnecken, die ihre Bäuche reibend auf- oder aneinanderlegen, die sich warm und weich und feucht verwinden wie eins.

Dieser Mann, der mit seiner Familie, inklusive seiner Mutter, die er zu selten besucht, samstags zum Markt geht, wo andere Männer mit ihren anderen Familien auch hingehen, wo man sich sieht und grüßt und ein Brunnen aus Bronze steht, ein Brunnen mit lebensgroßen und lebensfrohen Stadtstreichern, die mit dem Wasser und seiner Tochter spielen als wären sie echt,
dieser Mann, der seiner Frau eine Blume kauft, und auch seiner Mutter seiner Frau zuliebe,
dieser Mann, der, noch während er in eine Möhre beißt, diese mit seinem Kiefer in Stücke haut und dabei an der Einkaufstüte riecht, die man auf seinem Schoß abgelegt hat, und dann in die Tüte greift und den Fisch in der Tüte zu fassen kriegt, und seine Finger in den weichen Fisch drückt, den frischen Fisch,
dieser Mann, der den frischen Fisch riecht, den nicht mehr frischen, den in einer wildfremden Ödnis gestrandeten toten Hammerhai,
dieser Mann, der in den verwesenden Hammerhaikadaver hineinbeißt, in dessen aufgedunsene Fischpelle, bis sie platzt,
dieser Mann riecht den bärbeißenden Geruch von dem, der jenseits der sonnigen Samstagmorgenblase darauf wartet, diese einzureißen und zerplatzen zu lassen,
dieser Mann, der den eingespeichelten Möhrenbrei hinunterschluckt,
dieser Mann, dessen Frau an der Blume schnuppert,
dieser Mann, dessen Mutter seine Tochter an der anderen Blume schnuppern lässt,
dieser Mann riecht nur noch die grausame Welt des Sohnes (ich hatte den Sohn vergessen, der zu Hause geblieben ist, bei seinem Computer), mit ihren Mongolenhorden und Waffen und Feuer und Blut.

Und die Nähe des Mannes, eine Nähe, wie die Nähe der schon erwähnten Schnecken, diese Nähe ist plötzlich unerträglich.
Denn this is a girls world.


Kommentar der Putzfrau:
»Kerle, ... alle gleich!«