14/11 CATE LE BON im Gebäude 9, Köln

Cate Le BonAuf Cate Le Bons neuem Album "Michelangelo dying" ist ebenso viel ungesagt wie ausdrücklich gesagt: Le Bons reichhaltige, zutiefst textliche Arrangements bauen sich in Schichten auf, wenn ihr die Worte fehlen und sie sie auch nicht finden will. Musikalisch gibt es eine Fortsetzung und Erweiterung eines Sounds, der auf ihren letzten beiden Platten, "Reward" (2019) und "Pompeii" (2022), Gestalt angenommen hat, weil Le Bon zunehmend die Kontrolle über das Spielen und Produzieren übernommen hat. Wenn Gitarren und Saxophone durch Pedale gepresst und Perkussion und Stimmen durch Filter gejagt werden, entsteht ein schillernder, grüner und seidiger Sound, in dem die künstlerischen Eigenheiten von David Bowie, Nico, John McGeoch und Laurie Anderson aufblitzen und unter der Wasserlinie verschwinden.
Im Gebäude 9 könnt ihr einen von nur drei Deutschland-Gigs bewundern.

gebaeude9.de
catelebon.com

Foto: H.Hawkline

18/10 CLICKCLICKDECKER im Art Theater, Köln

ccd tourplakat 2025Das Seufzen wird wieder Gesang, helles Licht, neue Musik. Die Band schüttelt sich aus dem Staub der Zeit. Zehn Stücke, in Ton und Sprache unverkennbar ClickClickDecker,. Ein neues Album, das passenderweise "Wir waren schon immer da" heißt. Es erzählt neue Geschichten, zeigt neue Facetten, wirft neues Leben in die Musik. „Das hier ist ein Angebot“, singt Kevin Hamann am Anfang in „Am Ende“, und lügt vielleicht ein bisschen aus Versehen. Es sind unendlich viele Angebote: Reflexionen und Fragen, Hinweise und Versprechen, Tränen aus allen Gründen, Mundwinkel in alle Richtungen.

Endlich ist ClickClickDecker wieder in Deutschland unterwegs!

artheater.de
clickclickdecker.tumblr.com

Nur mit Sonnenbrille

Rosmarin könnte man wegen des Namens für eine Band halten, die diese Boomer entertaint, die allsommerabendlich bei ihrem persönlichen Italiener hocken und sardische Pasta genießen. Die verspieglte Sonnenbrillen tragen und und ihre Jeans knöchelfrei hochkrempeln. Doch Rosmarin hat derart wirkliche coolness, für die Boomer am liebsten sterben würden.
Die Band aus Kassel wurde bereits als hessische Antwort auf Bilderbuch gehypt. Doch da ist mehr. Neben lässigem Disco-Funk-Indie-Pop-Sound steht eine großartige Verspieltheit sowie der Mut, einen Song auch um die Ecke zu denken und dennoch echt catchy zu klingen. "Ich würd' gerne wissen, wo mein Feuer liegt, ist auch egal, ich rauch' ja nie", ist deshalb pure Koketterie, denn die Jungs stecken musikalisch alles in Brand.
Das ist Musik für die richtigen Leute!

instagram.com/rosmarinband

 

Glatzköpfiger Dub

sherwood collapseAls Lee "Scratch" Perry einmal gefragt wurde, ob er wieder mit Adrian Sherwood zusammenarbeiten werde, antwortete der Madman: "Nein, der hat eine Glatze" (R. Wynands: Do the Reggay, 1995). Scratch hat seine damalige Aussage glücklicherwesie nicht wahrgemacht und so konnte Sherwood im Jahr 2019 Perrys letztes reguläres Werk "Rainford" zu absoluter Klasse produzieren.
So wie es Adrian Sherwood seit Jahrzehnten immer tat. Mit seinem On-U Label hat er dem Reggae und Dub neue Facetten eingeschliffen, aber genauso Pop- und Rockgrößen wie Depeche Mode, Blur, Nine Inch Nails und so vielen Anderen perfekte Sounds produziert.
Eigene Musik hat Sherwood nur spärlich veröffentlicht. Doch nun ist es wieder soweit. Nach 13 langen Jahren gibt es im August wieder ein eigenes Album. Für "The collapse of everything" hat sich der umtriebige Produzent mit alten Weggefährten zusammengetan und und sauber konstruierte Sounds entworfen. Selbstverständlich klingt es nach Dub, doch ist es letzlich ein weitgespannter Soundtrack, der neben feisten bass lines auch Streicher und Querflöten enthält. Adrian versuchte nach eigener Aussage, für das neue Album "einen Soundtrack zu machen, der all die Dinge umfasst, die ich mag, einschließlich guter Musikalität, Dub-Techniken und auch guter Rhythmen."
Am 22. August könnt ihr beurteilen, ob es gelungen ist. Hier sind beiden ersten vorveröffentlichten Tracks bereits probezuhören: adriansherwood.bandcamp.com/album/the-collapse-of-everything

Wenn die Harfe leise flüstert

Bzhezhinska whispersAlina Bzhezhinska ist kein Name für eine weltumpannende Karriere in der Popmusik, weil in aller Regel nur Leute wissen, die selbst Burzinski, Lubienetzki oder Gajewski heißen, wie der Name Bzhezhinska ausgesprochen wird. Und möglicherweise sind es auch nur diese Menschen, die sich erinnern können, dass es in den 1980er einen Musiker gab, der aus der Schweiz kam und die Harfe in die Popwelt salonfähig machte. Andreas Vollenweider war sein Name und Alina ist nun mehr als eine würdige Nachfolgerin.
Der Sound, den Bzhezhinska im Zusammenspiel mit Tulshi produziert ist contemporary, bluesinspiriert, versehen mit coolen Beats und nur entfernt an Vollenweider erinnernd. Doch im Kern ebenso überraschend wie Vollenweiders Musik es damals war.
So wie man manches Mal Blues zu erkennen meint, fühlt man sich bei Alinas Spiel auch an die afrikanische Kora erinnert. Die Frau kann leise genauso gut wie opulent und allermeistens hört es sich einfach fantastisch an.
Das neue Album von Alina Bzhezhinska heißt "Whispers of rain" und erscheint am 11. Juli bei Tru Thoughts. Derzeit sind nur live dates in England angekündigt, aber ich habe die Hoffnung, Allina in diesem Jahr bei irgendeinem Jazzfestival auch in Deutschland sehen zu können.

alinahipharp.bandcamp.com

Telefonieren mit Banane

Was ist nicht alles Indie. Jede und jeder schmückt sich mit diesem Prädikat. Doch wenn jemand wirklich Indie ist, dann scheint mir das Cate Le Bon zu sein. Und zwar ohne jeden Zusatz, ohne jedwede weitere Erläuterung.
Ein Beweis? Beispielsweise die neue Single "Heaven is no feeling", die einer modernen Variante der Zeitlosigkeit entspricht, wenngleich ein Hauch 80er mitschwingt. Le Bons reichhaltige, zutiefst textliche Arrangements bauen sich in Schichten auf, Instrumente werden durch Pedale gepresst, Perkussion und Stimmen durch Filter gejagt. Da ist eine Person am Werk, der Hörgewohnheiten und Trends zunächst mal Latte sind, die aber aber auf einer Suche nach intensivem, musikalischem Ausdruck ist.
"Heaven is no feeling" gehört zu Cates kommendem Album "Michelangelo dying", das am 26. September bei Mexican Summer erscheint. Im November stellt Cate Le Bon ihr inzwischen siebtes Album in Hamburg, Berlin und Köln vor.

catelebon.bandcamp.com