Tracey Thorn – Out of the woods (Virgin)

Tracey Thorn (die auf dem Sessel)Als Tracey Thorn noch die Stimme von Everything but the girl war, hat sich vermutlich so mancher Vorstadtträumer schmachtend nach dieser Stimme mit all ihren Unergründlichkeiten verzehrt. Da können wir jetzt als halbwegs Erwachsene nahtlos anknüpfen. Die Stimme von Tracey Thorn hat nichts von ihrem Nachhall ins Leben verloren. Davon kann sich jeder auf ihrem neuen Album selbst überzeugen. Nur die Musik hat sich verändert.

Als ich das neue Album von Tracey Thorn zum ersten mal hörte, war ich noch unschlüssig, was ich davon halten sollte. Der Einstieg mit Here it comes again ist denkbar zart, auch stimmlich fast violinenhaft und atmet den Hauch eines Kinderliedes. Danach folgen mit A-Z und der Single it's all true zwei 80er-Zitate -nicht nur musikalisch, auch inhaltlich thematisieren sie die damals gängigen Klischees von der stillen Flucht aus dem kleinbürgerlichen Provinzmilieu in die weite Welt und ein sensibles Dancefloor-Motiv. Irgendwie - sagen wir mal - unmodern, aber in der Konsequenz dann doch wieder ganz unschuldig. Der schwarze Soul-Kracher, der dich dann aus der ersten Irritation reißt, lässt sechs Minuten keinen schlaffen Muskel zu. Eine Komposition von Disco-Begründer Arthur Russell. Danach schaltet Tracey Thorn wieder auf nachdenkliche Retrospektive, singt sich weichmütig und melancholisch mit Hands up to the ceiling zurück in die Pionierzeit der Punk-Bewegung. Spätestens hier wird klar, dass sich doch mehr entfaltet als ein intelligentes Pop-Album - und die folgenden Stücke bis zum Ende schließen sich freundlicherweise dieser Interpretation an.

Die Platte ist in ihrer unzeitgemäßen Soundanmutung seltsam retrospektiv, aber dennoch auf der Höhe der Zeit, weil sie in Zeiten des Alles-schon-mal-da-Gewesenen die Thornsche Individualität auslebt und zulässt - bis hin zum kitsch- und weihnachtshaften Jingle-Bells-Klingklang. Das Album ist Erinnerung und Aufbruch zugleich und feiert eine fröhliche, innengerichtete Melancholie.

Es ist müßig, darüber all die vergangenen Beiträge Tracey Thorns zur Popkultur - von Everything but the girl über Massive Attack bis hin zu Tiefschwarz - als Mantra zu wiederholen. Was bleibt, ist die Essenz dessen - und die kann bei Tracey Thorn nur ihre Stimme sein. Und es ist ja gerade das Unprätentiöse, das sanft Changierende in diesem Stimmwerk, das uns damals wie heute aus dem alltäglichen Gleichmut reißt. Wenn sich darum Geschichten und Rückblicke, schicksalhafte Momente vom Verschwinden der Liebe oder Träumerische Ideen ranken - um so besser.

Beim zweiten Hinhören hab ich sie dann doch gemocht - diese Platte.

http://www.traceythorn.com/