Stephen Marley - Mind control (2007 Universal Republic)

Was erwartet man von einer Platte, auf der Marley steht? Soll der Sohn seinem Vater folgen? Oder vom Pfad abweichen, um einfallsloses Epigonentum und die Gefahr des Plagiats im Ansatz zu vermeiden?  Die Frage muss sich nicht nur Stephen Marley stellen, sondern auch der zukünftige Hörer, denn die Antwort ist wesentliche Voraussetzung für die Entscheidung, was man von Mind control halten wird.

Es ist womöglich dieser vertrackten Startposition geschuldet, dass Stephen Marley recht lange mit der Veröffentlichung seines ersten Solowerks rumeierte. Aber eigentlich war schon im Vorfeld klar, was uns derjenige vorsetzen wird, den viele für den musikalisch potentesten und kreativsten des Marley-Clans halten. Schließlich ist Stephen schon lange Jahre im Hintergrund tätig, sei es bei der Geschwisterband Melody Makers oder als Produzent, Komponist, Musiker auf diversem Material des schwarzen Musikmarktes. Besonders das erfolgreiche Album seines kleinen Bruders Damian Welcome to Jamrock, an dem Stephen maßgeblich beteiligt war, kann im Nachhinein als sicherer Hinweis auf seine nun erschienenen, eigenen musikalischen Machenschaften gewertet werden.

Mind control spiegelt die vielfältigen Einflüsse wider, denen sich Stephen im Lauf der Jahre ausgesetzt hat. Das Titelstück greift auf Soulanleihen zurück, oft dominiert Hiphop das Geschehen. So auch auf der Single-Auskopplung Traffic jam, die allerdings nicht im R'n'B Einheitsbrei steckenbleibt, sondern durch Einsatz von Beatbox und Bapbabadoobap-Refrain sofort und nachhaltig im Ohr hängenbleibt. Der Schritt aus den Schuhen des Vaters wirkt jedoch immer authentisch und ist einfallsreich. So bei Inna di red, das eine bluesige Slidegitarre (feat. Ben Harper) mit der Ursuppe des Reggaes, dem Nyabinghidrumming, und  Bob-Marley-Zitaten kombiniert. Die Ausflüge in fachfremde Gefilde unterscheiden sich wohltuend von manch ähnlichem Versuch anderer Reggaegrößen. Authentisch sind selbstverständlich die Reggaetracks, wie beispielsweise Chase dem, auf dem der Stil von Papas Band gekonnt aufgegriffen wird. Bewegend auch der ruhigste Part des insgesamt ruhigen Albums (Fed up).

Mit Mind control ist Stephen, der nicht nur den Namen, sondern auch noch die Stimme seines Vaters geerbt hat, erfolgreich dem Schlagschatten seines Alten entkommen, ohne dass sich die Musik nach unüberlegter Flucht anhört. Er hat aus vielen Versatzstücken den Stephen-Marley-Style kreiert und dem Gerücht, er sei der beste von Bobs Nachkommen, neue Nahrung gegeben. Darüber hinaus führt er im letzten Stück einen Kinderchor der Enkelgeneration ins Famliengeschäft ein. Ganze Arbeit.

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http://www.stephenmarleymusic.com/

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