Matisyahu - Undercurrent

matisyahu undercurrentDer Mann, der viele Jahre Rasta und chassidisches Judentum irgendwie und kontrovers zusammenführte, hat sich inzwischen aus der Orthodoxie verabschiedet und veröffentlicht nun das sechste Studio-Album.

"Undercurrent" manifestiert, was sich bereits länger abzeichnete: Matisyahu kann man nicht als Reggae Artist bezeichnen. Das aktuelle Werk lässt gleichberechtigte Einflüsse zu aus HipHop Beats über Feelgood Reggae bis hin zu hymnischem Rock. Es ist aus einem improvisierten Kern in langen Jam Sessions mit Bassmann und Schlagzeuger Stu Brooks, Keyboarder BigYuki und Gitarrist Aaron Dugan entstanden. Dadurch besitzt "Undercurrent" phasenweise Live-Charakter.

Zusammengesetzt aus repetativen Drumpatterns, schneidenden Gitarrenriffs und fröhlichen Synkopen sind es acht Stücke, die zwischen sechs und 14 Minuten Lauflänge aufweisen und immer zwischen Bombastsound und Filigranpop changieren. Zeltlager-Geklampfe mündet in D'n'B Gewummer und endet in Stadionrock oder verhalltem Electrospektakel, stellenweise angereichert mit PopDub-Einlagen oder vom Himmel herabfahrenden, sphärischen Gitarrensounds und Offbeats entwickeln sich manches Mal zu Neoklassik.

An unscheinbaren Harmoniefünkchen entzünden sich wahre Soundfeuerwerke, die sacht in leise flackernden Melodiefeuerchen enden. Was ist da die Welle und was die Unterströmung? Matisyahu fügt sich gesangstechnisch in diese Vielfalt ein, bietet klassischen Rap an, scatähnliche Einflüsse und natürlich Beatboxing sowie geflüsterte spoken words.

Es sind 68 opulente Minuten, scheinbar aus einem Guss gespielt, dass es manchmal wirkt als spiele die Band selbst die Interludes. "Undercurrent" ist volle Breitseite, da darf man sich auch mal erschlagen fühlen, aber ebenso bemerken, dass vielleicht manche Songidee zu schmalbrüstig ist für das auf dicke Hose machende Arrangement.

Jenseits des in die Suppe Spuckens ist "Undercurrent" aber zunächst einmal Wow! Nimmt man sich Zeit für das Album und gönnt ihm ein entsprechendes Wiedergabegerät beeindruckt das Album. So wie Matisyahu seine orthodoxe Kopfbedeckung abgelegt hat, heißt es für "Undercurrent" deshalb: Hut ab!

Erscheinung: 2017(19.05.)
Label: Thirty Tigers
www.matisyahuworld.com