CocoRosie - Heartache City

imageIn einem Film über verwunschene Feen, die in Baumhäusern inmitten knarzender Astwerke seltsam klimpernde und säuselnde Musikalien bedienen, würden die Cassidy-Schwestern vermutlich ohne Casting reüssieren. Niemand dreht solche Filme, weshalb die in Paris lebenden Schwestern sich gelegentlich - nein, nicht in einen Baum - sondern auf ein südfranzösisches Landgut zurückziehen, ihre Musikalien ausbreiten und diesen nie gedrehten Film in ein neues Album verwandeln: Bilder zu Tönen.

Dabei klingen CocoRosie immer so, wie Coco Rosie halt klingen wollen - je nach Perspektive wie zwei verschrobene Künstlerseelen, versponnene Kindfrauen, feministische Frei- und Feingeister, unkonventionelle Popaussteigerinnen, Sirenen, Märchenerzählerinnen, Operndiven oder jaulende Kater.

Die Dramaturgie der spärlich, aber fein instrumentierten, teils knurpsenden Lieder entwächst aus dem bekannten Spannungsverhältnis zwischen der sprechsingenden Wolldeckenstimme von Bianca gegenüber der mal arienhaften, mal angejazzten Intonation von Sierra. Eher selten wird es perkussiver, dynamischer. Die einzelnen Stücke greifen ineinander, als wären sie in einer kleinen Wunderkammer wie ein Räderwerk zusammengeschraubt. In den besten Momenten greift das Räderwerk über auf die kleinen Gehörknöchelchen, schraubt eine feine Kinderliedmelodie ins Gehirn, die schier nicht mehr verschwinden will. In schlechten kann es manchmal aber auch eine Schlafliedmelodie sein.

Wie immer verwehren sich CocoRosie dem schnellen Zugriff auf ihren Geschichten- und Klangkosmos. Obwohl das Album in seiner Urform nur auf vier Spuren aufgenommen worden sein soll, verwebt es die meist stimmliche Melodieführung mit mal nur glimmenden, mal spinnwebenhaften, mal klimpernden Nebenlinien, die spontan zum Kopfhörer greifen lassen, um zu rätseln, womit dieses Geräusch nun wieder erzeugt worden ist. Eine sanfte Elektronik unterfüttert den Sound, der mit Folk- und Popelementen spielt und sich dabei dennoch niemals dem Wohlfeilen andient.

Kommt einem das bekannt vor?

Ja. Die Schwestern wollten nach eigenem Bekunden zu ihren Wurzeln zurück kehren - mithin zu La Maison De Mon Rêve, ihrem ersten Album. Heartache City wäre also mal wieder ein gutes Album, wenn es denn von den Schwestern mal etwas Neues böte. Das tut es nicht. Cocorosiehaft gleitet es dahin, fängt einen gelegentlich, aber nicht immer. Die Artiness wirkt mittlerweile etwas aufgesetzt und überrascht nicht mehr. Für Fans bedient es die Erwartungen, andere wenden sich dem nächsten Ding zu. Das Gesamtkunstwerk bleibt davon unberührt, im Guten wie im Schlechten.

CocoRosie
Heartache City

www.cocorosiemusic.com

 

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