das neue album von oren ambarchi, ungehört gekauft und reich belohnt worden:
die mit präziser beiläufigkeit gesetzten töne, die kaum rückschlüsse auf das verwendete instrument (ambarchi ist gitarrist) zulassen, bauen in den 4 stücken der cd eine atmosphäre auf, die den hörer definitiv auf einen anderen planeten bringt: kein ton zuviel und jeder richtig.
der australier hat einen ton gefunden, der die gitarre anders darstellt, als man sie aus ihren sonstigen zusammenhängen kennt; und zwar sehr anders: ein ton, der gegensätze vereint, kalt und warm zugleich, mit einer harmonie und rhythmik, die zusammenhänge aufbaut, aber dennoch fast zufällig oder beiläufig (im sinne von überlegener souveränität) wirkt. die setzung der töne im stereofeld und der verzicht auf vordergründig wirkenden halleinsatz verstärkt diesen eindruck der beiläufigen präzision noch erheblich. der ton erinnert dabei durchaus auch mal an fehlerhafte lautsprecher, ist als gitarre nicht mehr zu identifizieren, die assoziation geht eher in richtung (präpariertes) e-piano und kann auf fetten anlagen oder kophörern wahrscheinlich am besten überzeugen.
andere ausflüge bzw. teile der zahllosen kollaborationen von ambarchi gehen dann auch mal in richtung der noise-schiene, halten sich aber von dem gitarren-noise der üblichen verdächtigen wohltuend fern.
neu auf der "grapes from the estate" ist der starke einsatz von akustischen instrumenten innerhalb einzelner stücke, der für mich wie ein einfluss seiner arbeit als die ein eher indierockiges feld beackernden "sun" (zusammen mit produzenten- / musikerfreund townend) wirkt.
die einzelkritken; stück 1, "corksrew":
dieses stück zeigt "die reinform" von ambarchis ton bzw. seiner art der "beiläufigen präzision" als ruhig / stehendes stück mit langsam verdichtenden aufbau. dazu die typischen stereospielereien und die setzung von nähe und ferne; fertig und perfekt.
stück 2, "girl with the silver eyes":
zunächst wie eine variation von "corksrew" startend, dabei stärker fordernd und von beginn an drückender wirkend, verändert sich der charakter des stücks durch den einsatz von besenschlagzeug und weiteren instrumenten (die gleichwohl nicht immer klar zu identifizieren sind) schon bald in richtung jazzig / weich. besonders die appreggio-parts und die zunehmend in den hintergrund rückende, typische "ambarchi-gitarre" lassen das stück bald elektronik-frei wirken; das ende des stücks wird nur zu recht durch die akustik gitarre beherrscht.
stück 3, der popsong, "remedios the beauty":
extrem verdichtet beginnend, setzt das stück den ambarchi-ton in einen ganz anders erscheinenden kontext: als sich leicht verändernder "loop" mit verführerischer melodie. so könnte das stück dann gern auch ewig weitergehen; würde mich nicht wirklich stören.......
dann ein break kurz nach dem ersten drittel, die dichte wird ausgedünnt (und kurz danach auch das tempo-empfinden; bei seinen stücken ist die frage des metrums immer ein bisschen zweifelhaft....) und neue instrumente kommen hinzu. und dann kommt dieser eine ton, der nicht so richtig passen will.......was soll das, herr ambarchi? wo ist der schönklang hin?? (...es ist aber nicht so schlimm, wie es sich hier liest, das das stück wird nicht zerstört, mit der zeit gewinnt der "unharmonische" ton sogar an reiz...). dann: akustik-gitarre plötzlich in der führungsrolle plus piano, besenschlagzeug, streicher, die elektronische gitarre taucht ab, swingender jazz (ich mag übrigens eigentlich keinen jazz, nur mal so an der stelle gesagt), im klangbild jedoch indirockig / "sun"-mässig.
stück 4, "stars aligned, webs spun":
reduktion in klangbild und klangdichte und geschwindigkeit, zurück zum anfang: tiefe, in sich ruhende drones schaffen einen orgelpunkt, um den das stück langsam kreist.
alles in allem ein perfekter aufbau und ein perfekter (weil sehr zugänglicher) release, um in den klangkosmos von oren ambarchi einzusteigen. diesmal leider ohne begleitenden vinylrelease auf staubgold.
schöne grüsse
n
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