Fleur Earth - Es entstehen Wesen

Hinterm DuschvorhangUnter den Voraussetzungen, dass der räudige Hund sich plötzlich per Ausweis als ordentlicher Student ausweist und die Werkzeugtaschen unserer Handwerker deutsche Lyrik in zehn Bänden enthalten, unter diesen Voraussetzungen - und nur dann - handelt es sich bei Fleur Earth‘ neuem Album um den vielzitierten Straßenkötersoul.

Denn bei ihrem zweiten Album innerhalb eines Jahres kombiniert die Deutsch-Kongolesin wieder einmal geschmeidigen Neo-Soul mit sperriger Alltagslyrik. "Wie ein schönes Geschenk, das ausgepackt, dem Beschenkten Freude macht" hält man kaum für die Textzeile eines Soultracks genauso wenig wie "keinesfalls verarscht worden bist, warum solch verhasstes Bekunden" , nicht? Oder Schüttelgereimtes wie "grab nach Brocken, zu Sand schüttel sie, Übersetzung der Energie". Eher denkt man dabei ein toupiertes Altweib am Flügel stehend.

Mitnichten! Fleur Earth zaubert aus der ungewöhnlichen Kombi einen satten Groove, den man dabei nun gar nicht vermutet. Ein Experiment, mutig und beachtenswerter als alles, was sonst unter deutschem Soul firmiert und zwecks Radiokompatibilität längst verkrüppelt ist. Manchem mag Fleur Earth‘ Lyrik zu viel Geseiere sein. Derjenige hat jedoch die Möglichkeit, nicht konzentriert den Worten zu folgen, sondern sich mit Gefühl den Knackbeats und dem coolen Flow von Twit One hinzugeben, wie z. B. " It's over" in Gedenken an Klein-Michael. Der Gesang der Kölnerin jenseits der eckigen Inhalte ist meistens perfekt in diese Beats eingebettet.

Straßenkötersoul mag ein gutgemeinter Versuch der Charakterisierung sein, Soul Poetry ist ein anderer. Doch egal, wie man's nennt: "Es entstehen Wesen" ist gut und richtig und richtig gut. Deutscher Soul kann so groß und so eigen sein.


Erscheinung: 2009 (30.10.)
Label: Dakkord Records / Melting Pot Records
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