Es war 1999, als Kelis uns mit ihrem Geschrei in den Ohren lag. Und nun erscheint Kelis' drittes Album und erregt ähnliche Aufmerksamkeit wie damals. Doch nicht musikalisch.
Es war 1999, als uns Kelis mit ihrem Geschrei von ihrem Debutalbum Kaleisdoscope in den Ohren lag: I hate you so much right now!! Damit verschaffte sie sich nicht nur Gehör bei den unzähligen Frauen, die ständig von uns Schweinen verarscht werden. Nein, auch die große R&B Posse wurde aufmerksam. Leider lediglich kurzfristig und eigentlich nur diesseits des großen Teiches. Das breite Publikum in den USA konnte sich für Kelis Rogers nicht erwärmen. Das mag am eigentümlichen Sound von Miss Rogers liegen, der sich deutlich von den weiblichen Megasellern der Branche, wie Beyoncé Knowles, Mary J. Blige etc. unterscheidet. Ein gänzlich computerisierter Sound, hart, klinisch rein, unterkühlt, kein Platz für schwülstige Streicher, schmalzige Akustikgitarren, die ihre Kolleginnen oft bevorzugen. Klänge, die wenn sie einen auf dem falschen Fuß erwischen, wegen des Gehämmers und Gepluckers auch tierisch nerven können. Phasenweise mit sehr rockigen Elementen versetzt. Fast schon charakteristisch, dass Kelis auf ihrer 2001-Tour Nirvanas Smells like teen spirit coverte. Musik, die man nicht unbedingt erwartet, wenn man die sehr schön anzusehenden Cover dieser Zuckerschnitte betrachtet.
Und nun erscheint Kelis drittes Album Tasty. Und erregt wieder ähnlich große Aufmerksamkeit wie 1999. Doch nicht musikalisch. Das Video zur ausgekoppelten Single Milkshake ist Amerika zu freizügig. Eine Freizügigkeit, die man einordnen kann, wenn man sich an Janet Jacksons Sündenfall erinnert. Das Video lässt sich übrigens auf Kelis Website anschauen: www.kelis.co.uk
Rein musikalisch tut sich aber was. Die 24-jährige gibt ihrem favorisierten Produzenten-Duo The Neptunes, das die ersten beiden Alben komplett produzierte, nur Gelegenheit, fünf der 14 Tracks zu bearbeiten. Das bedeutet nicht, dass Kelis ihren Sound ändert (wenn auch tatsächlich mal Streicher, Computerstreicher natürlich, zu hören sind, was zumindest zum Titel Sugar honey ice tea passt), doch klingt...anders, etwas kühl-emotionaler, ihr versteht? Das Album startet mit Trick me und Milkshake, die ein klitzekleines bisschen karibisches und orientalisches Flair verbreiten und verspricht im Mittelteil richtig abzugehen. Die Folge Protect my heart, Millionaire und Glow ist richtig gut. Großen Anteil daran hat bei Millionaire Andrè 3000 von Outkast, die sich ebenfalls für innovativen R&B (ja, das gibt es) verantwortlich zeichnen. Die Güte der Mitte setzt sich im Schluss nicht unbedingt fort, wieder ein Beispiel, dass 14 Stücke zuviel für eine CD sind. Fluch der Technik.
Alles in allem, das bisher beste Album von Kelis, glaube ich. Keine Platte, die man haben muss, aber mal was für Leute, die die Schnauze voll haben, von Goldketten und Benz-Cabrios mit Musik, die dazu passt. R&B - was es auch immer sei - kann anders klingen. O.k. now...swallow...
Übrigens (ein guter Kritiker belehrt seine Leser), Kelis spricht man [Kuhlies], was, wenn ich es so vor mir sehe, einen völlig falschen Eindruck der Musik vermittelt.
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