Das Bierbeben polarisieren nicht nur mit ihrem Bandnamen, den viele ähnlich schlecht wie Hannen Alks oder Pils Angels finden, sondern auch mit ihren Agitationsparolen, die mit lieblicher weiblicher Stimme über Clubsounds und Schrubbel-Gitarren gesungen werden. Mit „Alles fällt“ hat die Band um Jan Müller von Tocotronic und Thies Müntzer (Superpunk, hat u.a. das Album „I Com“ von Miss Kittin produziert) ihr zweites Album via Shitkatapult veröffentlicht. Auch bei dieser Platte bemüht sich die Band die Ästhetik und Schärfe des frühen Deutschpunks ins Jetzt zu übersetzten.
„Macht den Fernseher kaputt“ hieß es 2003, auf „Alles fällt“ wird schon im ersten Lied „Im Kreis“ mächtig schwarz gesehen: „Die Welt ist betäubt. Betäubt und narkotisiert; erstarrt und paralysiert; die ganze Kugel ist ein Brocken Pech“. Der Sound des Album ist weniger cluborientiert ist als noch beim Erstling und nähert sich mit klareren Songstrukturen und stärker in den Vordergrund gemischten Gitarren der Indie-Elektronik an. Großartig gelungen ist die EA 80 Coverversion von „Häuser“, dass durch Das Bierbeben in einen wavigen Elektropopsong verwandelt wird, aber durch das kühle Arrangement die Beklommenheit des Textes wahrt. Schönstes Lied, weil mit viel Popappeal und einer tollen Melodie ist „Don´t drink the water“ - das einzig englischsprachige Lied auf der LP. Im krassen Gegensatz dazu stehen Songs wie das schranzige, dumpf stampfende Elektrobrett „Keiner wird Dein Herr sein“, mit dem das Album mit Lärm ausklingt: "Wenn Du endlich aufhörst, Dich selber zu betrachten und ausprobierst was läuft, dann kannst Du frei sein". Jau!
"Alles fällt" ist endlich mal wieder ein anständig unbequemes Album im Spannungsfeld von Punk, Elektro und Wave. Unruhr sprach mit Jan Müller...
Wie funktioniert Das Bierbeben? Immerhin seid ihr noch bei anderen Bands aktiv und lebt in verschiedenen Städten. Schickt ihr Aufnahmen hin und her oder trefft Ihr euch, um zusammen an den Songs zu arbeiten?
Das Bierbeben:
Es gab bei diesem Album verschiedene Phasen der Arbeit. In der Regel erstelle ich mit Thies Mützner zunächst ein Grundskelett der Stücke, daraufhin schrieb ich die Texte zu der Musik, als nächste folgte der inspirierendste Teil der Arbeit nämlich ein mehrwöchiges Einschließen aller Mitglieder im Übungsraum und somit die wirkliche Arbeit in der Gruppe. Daraufhin dann noch das Abmischen. In der Zwischenzeit nutzen wir vor allem das von uns heißgeliebte Medium des Telephons um Entscheidungen miteinander abzustimmen und zu treffen.
„Alles Fällt“ hat einen rockigeren Sound als euer Debüt - war dies von vornherein geplante oder hat sich dies erst beim Schreiben/Produzieren der neuen Stücke ergeben?
Das Bierbeben:
Ich glaube bei mir gab' es die Vorstellung eines bestimmten Gitarrensounds, welchen ich gerne verwirklicht sehen wollte alles andere hat sich dann im Studio entwickelt.
Wer EA 80 covert, verdient grundsätzlich meine Hochachtung und wenn dann noch die Neuinterpretation wie bei euch mit "Häusern" so gut funktioniert, ist es großartig. Was bedeutet dir EA 80? Welche (Punk-)Bands haben dich sozialisiert oder beeinflusst (ich konnte z.B. meine Mitarbeit bei Unruhr.de dazu missbrauchen, mich an meiner Punk/New Wave-Legende X Mal Deutschland abzuarbeiten)?
Das Bierbeben:
Die Band die mich dazu bewog selbst Musik zu machen war die Gruppe Cotzbrocken aus Köln. EA 80 sind seit 17 Jahren eine meiner Lieblingsbands tatsächlich wichtig sind alle im Info/Website unter "künstlerische Einflüsse" genannten Bands. Da wir X Mal Deutschland, wenn auch bis zur Unkenntlichkeit verfremdet einmal gesampelt haben, sind sie auch ein direkter Einfluß für das Bierbeben - sehr sehr schöne Musik.
Warum habt ihr diese krude Version von "Kein schöner Land" aufgenommen?
Das Bierbeben:
Nach vielen engen Tagen im einem nach Katzenpisse stinkenden Kellerloch kann einem derartiges passieren. Es war keine geplante Aktion, entstand im schöpferischen Blödelrausch und Thies hatte gerade die Aufnahmetaste gedrückt. Wir waren erschreckt und begeistert von dem Ergebnis.
Bitte ein paar Worte zur "Künstlergruppe im Namen des Volkes"...
Das Bierbeben:
Die "Künstlergruppe im Namen des Volkes" ist unser Berater, Freund und Feind, sie legt uns Dogmen auf und berät uns immer dann, wenn wir es am allerwenigsten wollen. Manchmal macht sie sich über uns lustig, meistens nimmt Sie uns nicht ganz ernst, fast immer ist sie selbst mehr als albern. Ich denke ohne die Künstlergruppe wäre viele Entscheidungen anders gefallen - insofern ist es nicht übertrieben zu behaupten, dass Ihr Einfluß auf Das Bierbeben enorm ist.
Viele die ich kenne, finden eure Musik ja ganz gut, aber den Bandnamen scheiße. Mich erinnert er sofort an Deutschpunkbands und diese Assoziation ist ja bei eurem Agit-Elektropunk nicht verkehrt. Ist der Bandname im Suff entstanden oder ein bewusster Bruch mit der Hamburger-Schulen-Intellektualität?
Das Bierbeben:
Ich halte den Bandnamen auch für eine schwere Last, aber das macht ihn für mich gerade wieder hochattraktiv.
"Im Kreis" ist die erste Auskopplung aus dem Album, nach welchen Kriterien wählt ihr die Remixer aus? Wird es noch eine weitere 12inch geben?
Das Bierbeben:
Remixer wählt in der Regel unser Label Shitkatapult in Absprache mit uns aus. Bis jetzt immer zu unserer völligen Zufriedenheit.
Letzte Frage: Hast du denn auch schon eine Deutschlandfahne am Auto? (Interview fand während der WM statt)
Das Bierbeben:
Niemals. Mein Auto ist doch kein Schuttabladeplatz.
www.bierbeben.de
www.myspace.com/dasbierbeben
www.shitkatapult.de
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