WAZ, taz und Utopia

Manchmal reibt man sich ja doch die Augen, wenn man eine Meldung liest, z.B. jene, dass WAZ und taz jetzt im Kombiabo zu haben sind. Ja, genau, DIE WAZ und DIE taz. Die taz NRW hängt natürlich mal wieder am Galgen und muss bis Ende des Jahres 1.000 neue Abos organisieren, um nicht den Weg alles Irdischen zu gehen. Das schockiert einen ja schon seit Längerem nicht mehr und auch über die WAZ kann man sich eigentlich nicht mehr wie damals ärgern, als die Welt noch in Schwarz und Weiß einzuteilen war. Alles bröckelt: Mauern, Fronten, Gut und Böse, das Wahre, das Schöne, das eigene Selbstverständnis, das Ich und das Du. Wundert sich da noch jemand, dass die Orientierung flöten geht?

Wer sich heute ein Weltbild zusammenbasteln will, das einen so halbwegs sicher durch die Untiefen der Identitätsfindung schifft, kann sich gleich in [[Odysseus]] umtaufen lassen. Immerhin hat der jedoch seine Irrfahrten halbwegs intakt überstanden. Bei der eigenen Identität kann man sich da nicht mehr so sicher sein. Kaum hat man sich auf eine inneren Weg festgelegt, öffnet sich irgendwo ein anderer mit Namen „Option". So heißen nämlich alternative Wege heute. Das Problem ist nur, dass man vor lauter Optionen die Karte nicht mehr vernünftig lesen kann - vom Finden des Weges mal ganz abgesehen. Wir sind so multioptional, das wir kaum noch eine klare Meinung haben und selbst so abstruse Kombinationen wie WAZ und taz schulterzuckend hinnehmen. Warum auch nicht? Man liest ja eh die Süddeutsche.

Der Vorteil dieser aus einzelnen Scherben und Krümelchen bestehenden Bricolage-Kultur ist eben, dass man keine Meinung mehr haben muss und sich nur noch dem Fluss der Zeit anpasst. Blöd nur, dass man dann nie das andere Ufer erreicht. Diesen Ort, wo die Welt schöner ist als hier... Wie hieß er doch gleich?