Essens kreative Klasse

Wenn Kreative sich treffen, züngeln die Ideen, brennen die Synopsen, glänzt die Iris in schillernden Farben - nur nicht in der Kulturhauptstadt.
Gestern war Eröffnung von „Essens kreativer Klasse". Natürlich waren wir auch aus Dortmund und Bochum angereist, denn schließlich haben wir dort die Grenzen des Ruhrgebiets bereits innerlich abgerissen. Wir waren gespannt auf das transzendentale Feuerwerk der Emotion, das Essens kreative Klasse zur Eröffnung abfeuert. Noch während der Auffahrt hinauf zum Deck der Kohlenwäsche - dem heimlichen Star des Abends - spannten sich unsere Erwartungen bis zum Prä-Zerfetzen. Und hatte nicht Prof. Dieter Gorny, Künstlerischer Direktor von RUHR.2010 und damit gefühlt mindestens auf einer Stufe mit einem Amtsrichter oder Hofrat, ganz knackig angekündigt: „Gerade dieses Engagement muss Ansporn sein, sich weiter dafür einzusetzen, auch im Hinblick auf eine wirklich nachhaltige Kulturhauptstadt 2010, diesen Kultur- und Kreativunternehmern zu der Aufmerksamkeit und Unterstützung zu verhelfen, die sie benötigen, um die Hoffnung, die wir alle in sie setzen, auch mit der gewohnten Leidenschaft und dem ihnen zustehenden Selbstbewusstsein erfüllen und ausfüllen zu können." Aha.  Moment...noch mal von vorne...

Ääähhh, wie hat der Satz noch mal angefangen...welcher Einschub gehört wohin? Na, egal: Wie motivierend! Danke, Herr Hofrat! Wir platzten vor Ansporn...wir brannten! Der Fahrstuhl vibrierte, als wir ausstiegen und -  zunächst mal vom Sponsor des Abends begrüßt wurden. Guten Tag. Danke, nein. Die Hostessen glänzten zwar in schillernden Farben, waren aber wenig kreativ. Immerhin, die erste Emotion: Gleich um die Ecke stank es schon mächtig nach Buffet, um das sich die kreative Klasse mit ihren Schmerbäuchen bekriegte.

Und dann der Höhepunkt: Wir betraten den Saal! Ah ja, Stehtische, viel Platz, toll, Bar, Saufen umsonst, hmmm, schön, DJ, der Platten von vor drei Jahren auflegt, auch nicht schlecht. Ja dann, lass uns mal plaudern. Holsse n Bier? Jau. Schöne Aussicht. Ja. Kennse jemanden? Nö. Lass uns mal hinten gucken. Ok. Auch nett. Jau. Passiert hier eigentlich noch was? Keine Ahnung. Und jetzt? Lass und mal wieder reingehen. Ok. Haben se das nicht gerade schon gespielt? Jau. Lass uns mal draußen gucken. Schon den Asi-Porsche auffem Gehweg gesehen? Jau. Lass uns mal n paar Postkarten verteilen. Jau. Wollen we wieder reingehen? Jau. Noch n Bier? Jau. Passiert hier eigentlich noch was? Glaub nich. Noch n Absacker in Bochum? Jau. Bin doch nicht Clown Dulli*. Tschüss.

Schön, dass Essens kreative Klasse so klassenbewusst und kreativ ist. Und danke, Herr Hofrat, für die treffende Ankündigung der „gewohnten Leidenschaft". Die Kreativwirtschaft im Ruhrgebiet hat eine große Zukunft.
* Aussprache: Klon Dulli, da sonst nicht dem Ruhrgebietsidiom entsprechend.
www.essenskreativeklasse.de
www.ruhr2010.de