The dark side of reggae

Nun ist sie wieder aufgeflammt, die Diskussion über die Homophobie des Reggae.

Rot-gelb-grün und GrünIm Mittelpunkt der Kritik stand diesmal Buju Banton, der als militanter Schwulenschläger vom hiesigen Lesben- und Schwulenverband (LSVD) ausgemacht wurde. Buju hatte 1992 als 19-jähriger mit Boom bye bye einen Riesenhit in Jamaika. In diesem Dancehalltune wurden Schwule bedroht und beschimpft. Kürzlich soll Banton dann noch in einen Übergriff auf Schwule verwickelt gewesen sein, was allerdings von ihm heftigst dementiert wird. Deshalb forderte der LSVD die Absage des Auftritts von Buju Banton.

Es steht außer Frage, dass die Verunglimpfung Homosexueller in Texten von Dancehallsongs inakzeptabel ist. Doch ist es völlig wahllos, Buju Banton dafür an den Pranger zu stellen. Die Homophobie des Reggae ist nicht zu leugnen. Sie beschränkt sich allerdings nicht auf bestimmte Künstler oder Subgenres des Reggae, und das der ein oder andere die Homophobie nicht thematisiert, heißt noch lange nicht, dass er nicht so denkt. Das sehr schlechte Ansehen Schwuler und Lesben ist in der jamaikanischen Gesellschaft tief verwurzelt. Bei einer Umfrage von 2001 haben sich angeblich 96% der jamaikanischen Bevölkerung gegen eine Legalisierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen ausgesprochen. Die Gründe dafür entstammen einem konservativ-religiösen Wertekanon, der u. a. aus der Missionierung der afrikanischen Sklaven auf Jamaika durch unsere Kirchen resultiert. Zudem wird die Homophobie durch ein übertriebenes Männlichkeitsgehabe gestützt. Die Homosexuellenfeindlichkeit existiert also nicht, weil im Reggae darüber gesungen wird, sondern es wird darüber gesungen, weil sie leider fester Bestandteil der jamaikanischen Gesellschaft ist.

Boom bye bye ist ein Song unter vermutlich Hunderten, die den Schwulenhass thematisieren. Denn wer Erfolg sucht, findet ihn dort, wo ein großes Einverständnis mit dem Publikum herrscht. Die o. g. Zahlen zeigen, dass man mit Schwulendissen auf Jamaika nicht falsch liegen kann. Aus den teilweise rüden Anfeindungen der Schwulen und Lesben in den Texten einen Aufruf zum Töten von Schwulen herzuleiten, wie es der LSVD tat, ist völlig überzogen. Die jamaikanische Dancehall ist kein Rotarierclub, und Hunde, die bellen, beißen nicht.

Also was tun? Man darf es nicht gutheißen, was in manchen Songs über Schwule verbreitet wird, doch man kann sich bemühen, es vor dem speziellen Hintergrund zu verstehen. Es ist schließlich nur eine winzige Facette des Reggae. Die durch Reggae verbreiteten anthroposophischen und sozialkritischen Inhalte überwiegen bei weitem. Man sollte den jamaikanischen Künstlern deutlich machen, dass sie hierzulande mit Homophobie keinen Blumentopf gewinnen. Die Geisteshaltung auf Jamaika werden wir nicht ändern. Oder wollen wir etwa wieder missionieren?

Und...unter uns: Mit der Verunglimpfung von Lesben und Schwulen lässt sich auch in deutschen Landen prima Geld verdienen, oder glaubt noch jemand, dass Stefan Raab irgend etwas aus Überzeugung tut?

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