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Lichtmaschine

LichtmaschineEine neue Hinrichtungsmaschine, ähnlich den elektrischen Mottenlichtern zum Zerstäuben von Insekten, abgeleitet von einem göttlichen Prinzip oder einem archaischen Gesetz, das dem universellen Streben zum Licht seine Gültigkeit verdankt.

 

Der Delinquent steht in einem runden Raum, einem Hohlzylinder, und die äußere Wand ist so finster, dass sie alles Licht verschluckt. Wenn er nach außen schaut, dann weiß er nicht einmal, ob da wirklich eine Wand ist, denn er wagt es nicht, seine Hände in das strukturlose Schwarz zu halten, von dem er glaubt, in ein unendliches Nichts gezogen zu werden. Das ist ihm wie jedem Betrachter schnell zuviel, er dreht sich lieber um und versucht den Raum zu überblicken. In der Mitte ist eine Säule aus purem Licht: drei Meter im Durchmesser, und zwischen dem Licht und der Dunkelheit sind es auch drei Meter. Der Delinquent hat also nur einen ringförmigen Korridor und darf wählen zwischen vollkommener Dunkelheit und vollkommenem Licht.

Natürlich wählst du das Licht. Es blendet dich, aber das macht dir nichts, denn es ist seine Güte, die dich blendet. Du sehnst dich nach ihm, du willst ihm nahe sein, in ihm aufgehen, willst selbst das Leuchten sein. Das Spektrum der Lichtwellen ist so aufeinander abgestimmt, dass du dahinter einen göttlichen Busen vermutest, prall gefüllt mit Milch und Honig, die deinen Körper durchströmen wollen. Der würde zum Flussbett werden und stellte keine eigenen Ansprüche mehr. Ja eigentlich wäre dein Körper hinter diesem Licht ein störendes Element, nur noch Schmutz, der vorher abgestreift gehört. Und dann verstehst du, dass genau das die Aufgabe dieser äußeren Membran ist: das Abstreifen des alten Fleisches, das du verlassen möchtest bevor du aufgehst in Unaussprechlichkeit.

Dadurch könnte, so glaubt man, der Vollzug vollkommen werden. Ich hefte meine Tat an meinen Körper, dessen ich mich nun aus freiem Willen entledigen kann. Dies zu entscheiden dauert gewiss nicht länger als zwei Stunden, und auch die anschließende Reinigung ist nicht schwer, da das Licht nur trockene, schwarze Krusten auf dem schmalen Gang zurücklässt, die man mit einem kleinen Besen mühelos beseitigen kann, während mein Geistiges als weißer Dampf durch einen über der Decke des Raums befindlichen Schornstein weit nach oben in den Himmel geblasen wird.


>>> Kommentar der Putzfrau: Aschenbecher wieder voll. <<<