episoden aus der neuen welt; ein roman -episode 5-

 

bild episode 5

hey, pennnst du…?! keine lust heut wie? …schweigen ist auch keine lösung. also … hast du dich endlich entschieden, humpelkumpel? zusammenarbeit oder nicht...? also, was...? ...wir könnens ja mal versuchen, dacht ich. ganz schön lange gedacht. was meckerste denn noch? ich meckere nicht... aber penetrant bist du. …ach, lass uns losziehen, sind schon ne menge privilegierte unterwegs. will heute noch was aus der freßbox abgreifen. mein magen führt schon selbstgespräche. ganz wie meiner. na, dann mal … nichts wie los. hast du schon irgend wen ins auge gefasst? na, die beiden vielleicht, dahinten? mh ja … nee. lieber die rechts da. ja, welche denn? die mit dem breiten tierfahrgestell im schlepptau. oh ja ... was hat die sich denn da aufs brett genagelt? sieht aus wie nen affe beim kacken eingefroren. hi, hi, nicht schlecht. na, dann lass uns mal näher rangehen. die nehmen wir uns vor. die ist goldrichtig.

mark:
hey lady, ein schönes tier haben sie da. echt süß. darf ich mal streicheln?

frau:        
nur zu, aber der merkt nichts mehr.

mark:      
is schon klar. macht aber nichts. kann wenigstens nich beißen.

eik:          
da kann man wohl sagen: tot ist tot und somit pflegeleicht.

frau:
ganz meine meinung.

mark:      
mensch, das ist doch nicht etwa … ein gibbon?!

frau:        
das ist einer. hundertprozentig. sie kennen sich da aus? ich meine, sie kennen sich aus mit affen?

mark:      
ach, nicht der rede wert. nur so ein bisschen. habe als kind noch einen lebendigen gibbon gesehen. im zoo.

frau:        
aber der hier ist nicht aus dem zoo. den habe ich speziell für mich jagen lassen, auf den malaiischen inseln. war nicht  ganz billig.

eik:         
sagen sie bloß, da gibt es noch welche. ich dachte, mittlerweile wären die alle ausgestorben. und selbst auf den märkten sieht man keine mehr.

frau:        
ich weiß nicht. vielleicht ist der schöne hier sogar der letzte, der erlegt und ausgestopft wurde. bei den scheinen, die ich da hinblättern musste, sogar wahrscheinlich. bin verdammt stolz auf den kerl. putze auch dreimal täglich sein fell. das soll schon was heißen bei mir. ...und die arme! sehen sie mal: sind die nicht prachtvoll? so lang und kuschelig und extrem biegsam. habe extra viel drähte einarbeiten lassen. und abends dann, wenn ich den abmontiert habe, lege ich seine arme um meinen hals oder auch zweimal. einfach nur so. weils so schön ist.

mark:     
das kann man verstehen, schließlich sind die langen arme sein markenzeichnen. hey, hey … so hat er sich früher hangelnd durch den regenwald geschwungen. jipijey … hu, hu...

frau:        
sehr witzig. damit isses allerdings vorbei. der kann sich jetzt nur noch um meinen hals schwingen.

mark:      
na, ist doch auch schön.

eik:          
sieh doch mal mark. hat der nicht wunderschöne augen. tief schwarz; sogar mit lichtpunkten.

mark:      
mh, ja … fast wie lebendig.

frau:        
ich habe eben an nichts gespart. die besten augen, die ich kriegen konnte. handbemalt.

eik:          
man siehts. fein säuberlich ausgeführte äderchen.

mark:      
tja, so hält mans wohl aus mit dem kerl. lebendige augen, weiches, glänzendes fell. was will man mehr.  ...mensch, sind se denn da überhaupt sicher, mit sonem prachtexemplar?

frau:        
sicher...? wie meinen sie das? ach so … ja, neider gibts hier draußen natürlich überall, die mir am liebsten auf der stelle den kerl vom wagen reißen würden. dagegen habe ich entsprechende vorsichtsmaßnahmen getroffen. sehen sie mal hier.

mark:      
der ist ja dreifach verschraubt.

frau:        
so siehts aus. rütteln sie ruhig mal dran.

eik:         
tatsächlich, der  sitzt bombenfest.

mark:     
lass mich mal ran.

eik:          
mensch, reiß dem doch nicht gleich das bein ab.

frau:        
nur ruhig. das schafft der nicht.

mark:      
der sitz fest. unverrückbar. den reißt keiner so schnell ab. nur abends haben sie dann doch ganz schön zu schrauben. bis sie den mal vom sattel haben.

frau:        
reine gewöhnungssache.

mark:    
mensch, ich bewundere sie wirklich, wie sie das alles so machen. und dieses tier. ein so herrliches tier. sie haben einen außerordentlichen geschmack, madam. das ist hier nur selten anzutreffen. und glauben sie mir, ich habe hier schon einiges vorbeiziehen sehen. viel billiges, schlecht montiertes; unglaublich abgewetztes und ziemlich übelriechendes zeug. eben pfusch auf allen ebenen. die meisten haben doch keine ahnung. nehmen sich keine zeit den besten präparator zu suchen. immer schnell, schnell. nehmen was kommt. oder das billigste. das scheint mir hier die regel zu sein. ich bin schockiert, was hier so manchmal unter meiner nase vorbeizieht. letztens fuhr hier eine ratte vorbei. schlecht präpariert.

eik:          
äh … nee...

mark:      
ja, fauliges fleisch ... was meinen sie wie das stank. war kaum zu ertragen. aber sie ... sie können wirklich stolz sein auf ihr tier. eine rundum gepflegte erscheinung.

eik:         
da hast du vollkommen recht. dem kann ich nur zustimmen. eine bemerkenswerte erscheinung.

mark:     
eine augenweide, der fellige kerl.

frau:        
das haben sie jetzt aber wirklich schön gesagt. bin auch mächtig stolz auf meinen kleinen joschi. zeige ihn auch gern herum. und freue mich immer auf leute, dies zu schätzen wissen. die wissen wieviel arbeit da drin steckt, wenns auch nicht meine war. er ist so vollkommen und vor allen dingen so pflegeleicht. das schätze ich am meisten.

mark:      
nur einmal durchbürsten und fertig ist der. wie schön. ...im handumdrehen ausgehfertig.

eik:          
und einen namen hat der auch. ...joschi. ja, joschi ist gut ausgewählt.

frau:        
da habe ich auch nicht lange überlegt. bei seinem anblick ist der mir sofort aus dem ärmel gefallen. könnte kein anderer sein.

eik:          
eine bessere wahl hätten sie nicht treffen können.

frau:         
noch einiges zu erledigen.

eik:         
wie schade.

mark:      
können sie nicht doch noch ein paar minuten bleiben?

frau:        
nein, tut mir leid. das tier muss gebürstet werden und zwar zu hause. sonst blaffts mich an.

eik:          
was tuts?

mark:    
ach eik, du weißt doch, manche exemplare mögens nicht, wenn man sie auf offener strasse bürstet.
sind eben publikumsscheu. da werden sie schnell verdrießlich.

eik:          
ach sicherlich, ja...

frau:        
sie haben verständnis...

mark:     
sicher, sicher haben wir das. man muss eben behutsam mit so zarten wesen umgehen. die nehmens einem sonst leicht übel. also madam, wenn sie uns nun verständlicherweise verlassen müssen. hätten sie da vielleicht für uns... hätten sie vielleicht für uns ne kleine spende.

frau:         
sicher jungs, so nette kerle wie euch trifft man nur selten. einen augenblick, ich muss nur kurz in meiner tasche wühlen. da findet sich gleich was.

eik:          
immer langsam. das eilt doch nicht.

frau:       
also hier ... da haben wir doch was. das ist für euch.

mark:      
herzlichen ...äh, vielen, vielen dank. das ist…

eik:          
verdammt großzügig.

 

eik:          
kumpel, das war gar nicht schlecht. bin doch reichlich überrascht. das hätte ich von dir so nie erwartet. bist ein echtes kommunikationstalent.

mark:      
ja, bin ich, wenns um brötchen geht und ich nicht gerade in einer tiefen depression hänge.
dann kiege ich schon mal was ordentliches hin.

eik:          
dein monolog aufs herrliche tier. da wären mir beinahe die tränen gekommen. so schön wars.

mark:      
solche kurzmonologe habe ich lange geübt. da muss schon das schmalz fließen, sonst hat man hinterher nichts in der tasche.

eik:          
ich seh, mit uns, das wird was.

mark:      
ja, ja wir sehen uns später. ... bin mal kurz zum fressautomaten.

eik:          
halt, warte mal. ich muss mir meine medizin holen. wo ist denn hier die nächste station?

mark:      
geh hinten raus. durchs tor. dann halt dich etwas rechts. nach 500 metern siehst dus schon.

eik:          
na, wunderbar. also dann … unsere tägliche dosis gib uns heute. bis später...

 

text und bild: ilka berger