Teilung

ImageIch könnte auch das Fallbeil wählen, die gute alte Guillotine, die schon manche Träume in ein anderes Licht gerückt hat. Aber da ist eine Sorge, die mir niemand nehmen kann, und die das Leben nach der Teilung betrifft:

Wie süß der Gedanke, das ganze Ziehen und Zerren zu verlassen und weich im Stroh des traditionellen Weidenkorbs zu landen, den Duft des Sommers ein allerletztes Mal zu riechen und mit diesem Duft davonzuträumen, denn die Luft braucht meine Lunge nicht, sie fleuchte lieber unverbraucht zurück ins Ganze. Der Griff ins Haar täte nicht weh, kein unnützer Körper zöge schwer an mir und ich könnte frei wie ein Schelm in die Menge der Schaulustigen grienen, während ein dünnes Rinnsal Unnützes nach unten tropfte. Vermutlich wären meine Gedanken bald träge und müde, wie lange könnte ich noch sehen oder hören? Würde ich die vielen Hände spüren, die mein Gesicht streichelten? Die Menschen, die sich um mich drängten, während man mich weiterreichte? Zwei Hände hier, meine Ohren haltend, dort ein fester Griff in die Wangen, ein prüfendes Abklopfen meiner Stirn, ein sanfter Strich durch mein Haar, eine zärtliche Liebkosung oder ein ehrfürchtiges Auflegen der Hand. Wenn ich längst schliefe, ein anstrengender Tag zu Ende, ein schweres Leben geschafft, dann erst käme die hölzerne Kiste, in der der ganze Rest auf mich wartete, vergebens.

Doch wenn ich nichts sähe und da wäre nur die Hitze in der Brust, das Ziehen im Bauch, die sich windende Verdauung, als wäre nichts geschehen, nur weniger Sehen, Riechen, Hören, Schmecken, sonst alles, alles gleich! Die Hände legte ich in das Nässe spritzende Loch, würde sie eintauchen lassen, hineingreifend, um endlich das verdammte Herz zu stoppen, das noch immer schlüge und litt. Der rechte Daumen auf die Aorta, sie zusammendrückend bekäme ich die Kammern zu fassen, die täte ich zerquetschen wie weiche Kartoffeln, dass endlich die Lunge aufhöre, Blut und Wasser sinnlos zu veratmen. Die anderen Kontraktionen ließen sich nicht so leicht beenden, spastische Krämpfe würde mich zappeln lassen wie einen unruhigen Knaben, ich könnte nichts tun gegen die Entleerungen, nicht mal gegen die dabei empfundene Lust. Selbst wenn der schwere Deckel über mir durch ein dumpfes Erschüttern im Fleisch den letzten Gang anzeigte, wäre ich noch warm und beneidete für immer den bei mir schlafenden Kopf.

>>> Kommentar der Putzfrau:
Ach Kerl, rührt das Obst nicht an. Werd' ihm mal'n Apfel schneiden. <<<